Das letzte Mal während meiner Reise besuchte ich also eine Sauna – an diesem Tag wie geplant morgens um kurz nach 09:00 Uhr. Eine Stunde später traf ich dann zwei Straßen weiter eine befreundete Familie zum gemeinsamen Stadtbummel. Den Plan fassten wir ein paar Tage zuvor, nach dem wir feststellten, dass wir zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein würden. Wir stiegen bei „Las Ramblas“ aus der Metro aus und streiften durch die idyllischen Gassen des gotischen Altstadtviertels, sahen die „Seufzerbrücke“ Pont del Bisbe, die Kathedrale und die Schaufenster diverser Schmuck-, Antiquitäten-, Schuh- und anderer Geschäfte, an denen ich allein wohl vorbeigelaufen wäre. Sie waren aber größtenteils wirklich interessant: Ein Schuhgeschäft verkaufte Pumps in allen Farben und sah so farbenfroh aus wie ein ein Geschäft für Atelierbedarf. Ein weiteres verkaufte katalanische Caganer in verschiedensten Ausführungen, unter anderem als Olaf Scholz, Donald Trump und Harry Potter – sehr komisch!

Anschließend trennten sich unsere Wege, denn ich wollte noch zum Strand und hatte mir morgens noch ein Ticket für den Park Güell um 15:00 Uhr gebucht. Ich hatte vorsorglich meine Badehose und mein kleines Handtuch in meinen Rucksack gesteckt, entschied mich aber am Strand angekommen aus Zeitgründen gegen ein weiteres Bad im Mittelmeer. Stattdessen ging ich durch den Parc de la Ciutadella hinauf zum Arc de Triomf und beschloss, den Weg zum Park Güell zu Fuß zurückzulegen. Ich hatte allerdings nicht mit den vielen Kreuzungen gerechnet, deren Ampelschaltungen nicht zu meinem Gehtempo passten und die mich ich alle 100 m warten ließen und mein Durchschnittstempo erheblich senkten. So änderte ich meinen Plan und stieg ein paar Straßen weiter in den nächsten Bus in Richtung Park ein. Sowohl in Marseille als auch hier in Barcelona stellte ich fest, dass die Tarife des öffentlichen Nahverkehrs vor Ort viel einfacher sind als die des Hamburgers – es gibt für eine einfache Fahrt nur ein Ticket und das gilt 90 Minuten. Fertig. Im Bus gab es deshalb neben den üblichen NFC-Fahrkartenlesegeräten auch ein Terminal für eine einfache Fahrt, an das man ebenso kontaktlos seine Kreditkarte halten konnte, bis ebenso ein Signal ertönte. Simpel, oder?

Kurze Zeit später wunderte ich mich allerdings, dass der Bus in eine Seitenstraße abbog, die mich vom direkten Weg abbrachte. Er behielt seine Richtung bei – und ich befürchtete, dass ich in die falsche Buslinie eingestiegen war. Das ließ sich nicht ohne Weiteres herausfinden, denn das Display im Bus funktionierte zur Hälfte nicht. Als ich aber an der nächsten Haltestelle statt meiner gewählten Linie V19 die V21 entdeckte, war ich mir sicher, dass ich falsch fuhr, und stieg aus. Mittlerweile war ich bei der Sagrada Familia angekommen (noch immer im Bau, aber weiter fortgeschritten) und überlegte, wie ich noch rechtzeitig während meines gebuchten 30-min-Zeitfensters den Park erreichen würde, denn es war bereits kurz nach 15:00 Uhr. Da die Straßen mittlerweile recht voll waren, setzte ich also teils laufenderweise nun doch den zu Fuß fort. Wer bereits in Barcelona war weiß, dass der Park auf einem Hügel liegt. Dementsprechend war ich klitschnass geschwitzt, als ich um 15:28 Uhr erschöpft und zufrieden grinsend am Eingang des Parks erfolgreich mein Ticket kontrollieren lies. Glücklicherweise hatte ich mein Handtuch mit.
Der Park ist sehr schön angelegt. Er wirkte trotz vieler Besucher zwar voll, aber es gab durch die „Einbahnstraßen“-Wegführung entlang der Hauptaussichtsterrasse kein hektisches Gedränge. So gelang ich entspannt zur Terrasse und machte ein paar Postkarten-gleiche Fotos mit Blick auf zwei kleine zum Park gehörenden Türmchen und die dahinter in Richtung Meer abfallende Innenstadt.

Da ich für den Rückweg genügend Zeit einplanen wollte, machte ich mich nach einer Pause auf einer Bank auf den Weg zurück zur Metro. Im Gegensatz zum Bus wählte ich die richtige Linie und so war ich nach dem Abholen meines Koffers vom Hotel bereits eine halbe Stunde vor Abfahrt meines Zuges am Bahnhof. Ich stutzte ein wenig, weil auf mehreren Anzeigetafeln, einmal nach Zielort und einmal nach Abfahrtszeit sortiert, mein Zug nach Madrid nicht zu sehen war. Ich erkundigte mich an einem Schalter und wurde darauf hingewiesen, dass der nicht auf den Anzeigetafeln für die Gleise 7-23 gelistet sei, sondern auf den für die Gleise 1-6. In der Tat gab es auf der anderen Seite der Bahnhofshalle ein weiteres Display und dort erschien er. Sehr verwirrend. Direkt dahinter auf dem Weg zum Gleis befand sich eine Zone, die mich eher an einen Flughafen erinnerte: Zunächst wurde mein Ticket kontrolliert und ich wurde darauf hingewiesen, dass bei meinem Ticket kein Gepäckstück enthalten sei und ich mich wegen eines Zuschlags an eine Kollegin wenden müsste. Eine Bahnfahrkarte für ein Gepäckstück kannte ich nicht, vermutlich ist es mir beim Buchen deshalb nicht aufgefallen… oder es war gar nicht möglich, denn die meisten Tickets hatte ich über die internationale Internetseite der Deutschen Bahn gebucht, die das nicht vorsieht. Die Kollegin winkte aber ab und meinte, die Größe meines Koffers sei gerade noch in Ordnung, er hätte aber nicht größer sein dürfen und sie zeigte mit ihren Fingern eine Länge von etwa einem Zentimeter. Sie schien ein sagenhaftes Augenmaß zu haben. Anschließend gelangte ich in eine Sicherheitskontrolle, in der mein Koffer und mein Rucksack durchleuchtet wurden und ich anschließend von einem Kollegen in Uniform gebeten wurde, mitzukommen, um in einem separaten Raum meinen Koffer zu öffnen, denn, so sagte er mir, darin sei ja offenbar ein Messer. Ein Verbot für Taschenmesser während einer Bahnfahrt kannte ich nicht, aber als ich dem Mitarbeiter mein Schweizer Taschenmesser zeigte (was ich immer in meiner Kulturtasche auf Reisen mitnehme) winkte der Mitarbeiter ab und meinte, diese Größe wäre noch in Ordnung, größere Messer seien aber verboten. Erleichtert, dass ich nun doch gerade noch weder Betrüger noch potentieller Terrorist war, betrat ich den Zug und war zudem froh, dass ich so rechtzeitig am Bahnhof war, denn fünf Minuten später fuhr er ab.
Diese letzte Bahnfahrt nach Madrid war neben der durch den Gotthard-Basistunnel die beeindruckendste meiner diesjährigen Reise, denn sie bewältigte non-stop die Strecke von Barcelona nach Madrid mit ihren 621 km in 2,5 Stunden – der Zug fuhr fast ausschließlich zwischen 280 km/h und 300 km/h – also schneller als ein landendes oder startendes Flugzeug! Die schöne und zu dieser Jahreszeit noch grüne Landschaft Zentralspaniens, die ich noch nicht kannte, raste also beim Blick nach draußen nur so vorbei.