17.02.2018: Heimreise

Der letzte Tag meiner diesjährigen Reise in Sofia sollte ein ruhiger werden – ich hatte keinen langen Fußmarsch geplant so wie am Tag zuvor, sondern wollte die letzten Stunden für einen Bummel durch die Innenstadt nutzen. Erneut schien die Sonne; bis auf ein wenig Regen in Skopje hatte ich also insgesamt Glück mit dem Wetter – was allerdings auch an meiner spontanen Reiseplanänderung lag. Im Zentrum Sofias angekommen, schaute ich mir kurz die zentrale Sweta Nedelja Kathedrale an und wurde prompt von einem Priester darauf hingewiesen, dass ich doch bitte meine Hände aus den Hosentaschen nehmen sollte. Tsss!

Sweta Nedelja Kathedrale im Zentrum Sofias
Sweta Nedelja Kathedrale im Zentrum Sofias

Danach gönnte mir ein paar hundert Meter weiter in der sonnigen Fußgängerzone draußen einen Espresso und betrachtete die Passanten. Auf dem gemächlichen Rückweg besuchte ich noch kurz die Markthalle Sofias, die sich als einziges Gebäude zwischen einer Synagoge und einer Moschee befand. Vor dem Gebäude zog plötzlich eine kleine Demonstration vorbei mit Plakaten gegen Kapitalismus, wehenden Regenbogenflaggen und lauten Ausrufen, von denen ich immerhin „Refugees welcome here“ verstand. Nachdem ich meinen Koffer im Hotel abholte, führte mich mein letztes Stück Fußweg zur Metro, die mich für umgerechnet 80 Cent zum Flughafen bringen sollte.

Löwenbrücke und Straßenbahn in Sofias Innenstadt
Löwenbrücke und Straßenbahn in Sofias Innenstadt

Da ich am Tag zuvor per E-Mail von meiner Fluglinie benachrichtigt wurde, dass man aufgrund von Verzögerungen am Flughafen Sofia dort mindestens zwei Stunden vor Abflug eintreffen sollte, rechnete ich mit einer langen Schlange beim Check-In bzw. bei der Security. Aber auf dem Flughafen herrschte gähnende Leere, so dass ich die letzten Minuten vor dem Abflug noch mit den letzten diesjährigen Änderungen an meinem Solitairespiel-Löser verbringen konnte. Es fehlen noch einige Features, und diverse Lösungen sind noch nicht errechnet worden, aber zumindest ist jetzt ein Viewer online: http://solitaire.sophonet.de. Anschließend reiste ich in gut 2,5 Stunden zurück nach Hamburg – und außer mir gefühlt nur Bulgaren und Dänen, ich hörte an Bord kein einziges Wort deutsch.

Meine vergangenen Blogs endeten stets mit einem Fazit. Meins fällt in diesem Jahr nicht sonderlich intellektuell aus:

  • Die derzeitige Terrorgefahr zeigt Auswirkungen auf das Bild der Großstädte: Sowohl in Sofia als auch in Rom, zum Teil auch in Plowdiw, war die Polizei sehr präsent, in Rom stets mit Maschinengewehren.
  • Man kann in Europa unterschiedlich viel Geld in Restaurants lassen – in Rom für ein enttäuschendes Essen satte 37 Euro, in Sofia für ein schönes zünftiges Essen umgerechnet 12 Euro, in Skopje für ein türkisches Essen umgerechnet 8 Euro – jeweils inklusive Getränke.
  • Überall tragen jetzt viele junge Männer Bärte.
  • Mazedonien und Bulgarien sind beeindruckend, was die Gleichberechtigung religiöser Bauwerke angeht.
  • Mal abgesehen davon, dass einige Bulgarinnen Puschelfellchenstiefel mögen und einige Bulgaren Steppdaunenjacken, sah ich nur geringe Unterschiede zwischen den Leuten auf der Straße in Hamburg und in Sofia.
  • Plowdiw hat vielleicht noch eine große touristische Zukunft vor sich.
  • Reisetechnisch war in diesem Jahr die Nachtzugfahrt München-Rom mit Abstand am besten.

Last but not least: Die von mir besuchten Länder auf einer Landkarte füllen jetzt fast ganz Europa aus… aber es gibt doch noch ein paar weiße Fleckchen für ein, zwei weitere Jahre. Mal sehen, wann die nächste Reise folgt.

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16.02.2018: Sofia

Mein ganzer Tag in Sofia begann ein wenig diesig, aber die Kraft der Sonne hat im Laufe des Tages gewonnen und sorgte wieder für blauen Himmel.

Nach dem Frühstück, bei dem außer mir auch noch einige Teilnehmer der European Snooker Championship waren (ein internationales Amateurturnier), belas ich mich ein wenig über die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ich erfuhr in meinen Reisetipps, dass man sich vor allem ein wenig treiben lassen sollte, um die Stadt kennen zu lernen, das passte zu meiner Einstellung.

Ich spazierte an also an diversen eher weniger spannenden Plattenbauten in der Nähe des Hotels vorbei mit Wettbüros (ЕВРОСПОРТ) und Apotheken (АПТЕКА) und gelangte nach ca. 10 Minuten zum Stadtzentrum. Dort befand sich eine alte Kirchenruine im Innenhof des Radisson Hotels und ein wenig weiter das Wahrzeichen Sofias, die Alexander Newski Kathedrale. Sie wurde gebaut im Gedenken an die Opfer der Befreiung Bulgariens vom Osmanischen Reich gegen 1877 und erinnerte mich doch vom Stil her ein wenig an den Dom des heiligen Sava aus Belgrad.

Alexander Newski-Kathedrale
Alexander Newski-Kathedrale

Beim Betreten der Kirche wurde per Schildern darauf hingewiesen, dass im Inneren bitte Ruhe angebracht sei und man für Fotos ein Ticket für 10 Lew an der Kasse lösen müsse. Tatsächlich wuselte allerdings ein Mitarbeiter der Kirche die ganze Zeit zwischen den Touristen umher, immer hektisch auf der Suche nach einem Opfer, das sein Handy zückt, um damit zu fotografieren, und rief stets in voller Lautstärke „Ticket is 10 Lew!“. Er hatte wohl Erfolg damit, aber die ebenfalls geforderte Ruhe hat er so nicht eingehalten – ich hätte ihm das wohl mal zurufen sollen.

Anschließend, ungeplant wie ich war, entdeckte ich auf meiner Karte auf dem Handy, dass sich in näherer Entfernung der Boris-Garten befindet, eine Grünanlage nahe des Stadtzentrums mit zwei Stadien. Ich entschied mich für eine Wanderung durch ihn und orientierte mich an den Wegen, die mir mein Handy vorschlug. Sie führten mich teils durch schlammige Trampelpfade in den Süden der Stadt und ich fragte mich, wer die in die OpenStreemap-Datenbank eingetragen hat, von sich meine Karten speisten. Irgendwann sah ich nach einigen weiteren Blicken auf mein Mobiltelefon, dass ich mittlerweile nicht weit entfernt vom Hausberg Sofias, dem Witoscha, angelangt war. Ich entdeckte auf der Karte die Talstation einer Seilbahn auf den Gipfel und beschloss, dorthin zu wandern, entlang der von mir auserkorenen kürzesten „grünen“ Route per Handy. Leider gab sie nicht zu erkennen, durch welche Viertel sie führt, und so wurde mein Weg tatsächlich spannend: Ein Mal endete ich an einem verschlossenen Tor, hinter dem sich nach meinen primitiven kyrillischen Kenntnissen ein Experiment der Universität befand, ein weiteres Mal stiefelte ich durch Baustellen eines Neubaugebiets und gelangte irgendwann in einen Innenhof eines Industrieunternehmens. Weiter ging es vorbei an gefühlt 15 unterschiedlichen kleinen Autowerkstätten (Автосервиз) und einer Autobahn, die man nur mit Umweg überqueren konnte. Irgendwann führte mich mein Weg dann zunehmend bergauf, es lag Schnee auf der Straße und es gab weniger Häuser. An meinem Ziel angekommen, stellte ich (welch Wunder) fest, dass die Seilbahn derzeit nicht fährt und ich kehrte in das noch offene Restaurant ein paar Meter weiter ein, um mich mit einem Cappucino zu stärken. Ich wahr wohl der einzige Gast, denn ich betrat einen sehr nett eingerichteten Raum mit ein paar in ihr Handy glotzenden Kellnern, die wohl von meinem Besuch ein wenig überrascht waren. Sie sprangen auf, einer legte ein paar Holzscheite in den Kamin nach, ein anderer schaltete das Licht an, ein weiterer die Musik und ich glaube, sie alle waren ein wenig traurig, dass ich nicht auch noch eine bulgarische Spezialität zum Essen bestellt habe, sondern mich danach aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wieder verabschiedet habe.

Mein Rückweg in die Stadt ging bergab viel schneller und führte mich zunächst durch ein Viertel mit vielen schicken Neubauten, wie sie in Hamburg auch gerade entstehen, und anschließend durch zwei weitere Parks und die Fußgängerzone der Stadt. Mein vorheriges Bild von Sofia, dass ich von der Ein- und wieder Ausreise auf dem Weg nach Plowdiw hatte, musste ich in jedem Fall korrigieren: Sie bietet an einigen Stellen doch viel Grün.

Fußgängerzone "Vitosha Boulevard" in Sofia
Fußgängerzone „Vitosha Boulevard“ in Sofia

Wieder im Hotel angekommen, entschloss ich mich dazu, ein letztes Mal in diesem Urlaub in die Sauna zu gehen und mich vom Wandern auszuruhen. Ich hatte ich ja schon in Budapest drei Jahre zuvor gelernt, dass man sich in manchen Ländern auch mit klitschnasser Badehose in die Sauna begibt. Heute wurde ich in dieser Hinsicht noch ein wenig mehr überrascht, denn ein Saunagast hatte sein Handy mit und tipselte beim Schwitzen 15 Minuten lang darauf darauf herum. Offenbar ein Indiz dafür, dass die Sauna leider nicht besonders heiß war.

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15.02.2018: Plowdiw – Sofia

Mein Abreisetag in Plowdiw begann sonnig mit überraschenderweise strahlend blauem Himmel. Bis zu meiner Abfahrt nachmittags gegen 15:15 Uhr hatte ich noch ein wenig Zeit und beschloss tatsächlich, einen kleinen Teil meines Altstadtspaziergangs vom Tag zuvor zu wiederholen, um ein paar schönere Fotos machen zu können. Die historische Altstadt wirkte wirklich noch ein wenig uriger bei Sonnenschein und der Weg hat sich auch beim zweiten Mal definitiv gelohnt, zumal ich nicht lange laufen musste.
Anschließend besuchte ich das städtische archäologische Museum und staunte ernsthaft über die Exponate. Die Funde direkt aus der Stadt Plowdiw reichten über diverse Epochen bis zurück in die Jungsteinzeit. Auch wurden hier antike Münzen aus diversen Ländern gefunden, ein Beleg dafür, dass Philippopolis, so wie Plowdiw einst hieß, eine wichtige Handelsstadt in der Antike war. Ich fand’s spannend…

Die hübsche Fußgängerzone von Plowdiw
Die hübsche Fußgängerzone von Plowdiw

Nachdem ich noch kurz in ein niedliches, nahe gelegenes Café einkehrte, schlenderte ich anschließend zurück zum Hotel, um meinen Koffer zu holen und mich langsam auf den Weg zum Bahnhof zu machen. Obwohl die komfortablere Verbindung von Plowdiw nach Sofia offenbar die nonstop mit dem Bus zu sein schien, entschied ich mich, die Bahn zu nehmen. Planmäßig braucht sie zwar eine halbe Stunde länger, aber durch den Feierabendverkehr in Sofia zur Ankunftszeit war ich mir durch meine Erfahrungen zwei Tage vorher nicht sicher, ob sich der Zeitvorsprung einhalten lassen würde – und außerdem musste nach Flugzeug uns Bus diese Reise einfach mit einer Bahnfahrt enden!

Das Bahnhofsgebäude in Plowdiw wurde derzeit komplett renoviert, ich brauchte also ein wenig, um den Fahrkartenschalter zu finden. Die Fahrt kostete 9 Lew, also in etwa 4,50 Euro und die Verkäuferin murmelte etwas von „Platform one“ und zeigte aus dem Fenster. Auf der von ihr angezeigten Seite gab es allerdings mehrere Bahnsteige, ich entschied mich deshalb, sicherheitshalber einen anderen Passagier zu fragen: Als ich eine neben mir wartende und pausenlos WhatsApp-Nachrichten verschickende Frau mit einem vorsichtigen „Excuse me“ ansprach und ihr meine Fahrkarte zeigen wollte, auf der sowohl der Name Sofia als auch meine Abfahrtzeit mit ausgedruckt war, antwortete sie in völlig akzentfreiem Englisch „Sorry, I don’t speak English“. Nun, diesen Satz schien sie auf jeden Fall geübt zu haben… Ich beschloss dennoch, am richtigen Bahnsteig zu sein und tatsächlich, der Zug aus Varna traf 10 Minuten an der richtigen Stelle ein. Mit mir stiegen diverse Leute ein, darunter auch ein paar Schüler und offensichtliche Arbeiter, aber alle stiegen an einer der nächsten „Milchkannen-Stationen“ wieder aus, noch lange vor Sofia. Ich hatte den Eindruck, dass auch die Expresszüge wohl nur wegen der Kurzstreckenverbindungen genommen werden, die eine Buslinie nicht bedienen kann. Dennoch fand ich die zweieinhalbstündige Fahrt sehr kurzweilig, denn wir fuhren leicht bergauf an der Mariza entlang durch die Ausläufer des Rila-Gebirges mit teils hübschen und interessanten Ausblicken. Nebenbei hörte ich mit meinen Bluetooth-Kopfhörern einen vorher heruntergeladenen Podcast mit Titel „Lage der Nation“ und wurde so ein wenig über die derzeitige politische Lage in Deutschland in Sachen Koalitionsverhandlungen gebildet. Es wurde auch die Situation besprochen, in der die SPD per Abstimmung den nun ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der Union ablehnt, um Martin Schulz als potenziellen Außenminister wegen seiner gebrochenen Worte abzustrafen, mit einer dann wohl durchaus wahrscheinlichen Minderheitsregierung, die dann allen Parteien Gelegenheit gäbe, ihr eigentliches Profil zu stärken. Mal sehen, ob es soweit kommt. Schon komisch, sich solche Beiträge im fernen Bulgarien anzuhören. Irgendwann erschienen dann in weiter Ferne die imposanten schneebedeckten Gipfel des Balkangebirges.

Schneebedeckte Gipfel des Balkangebirges
Schneebedeckte Gipfel des Balkangebirges

In Sofia angekommen, checkte ich bei Einbruch der Dämmerung in einem 20-stöckigem Hotel ein mit dem Charme eines Hochhauses aus dem Hamburger Stadtteil Mümmelmannsberg, in dem sich, wie auch schon in Plowdiw, auch noch ein Casino befand. Mal sehen, ob ich am nächsten Tag hier meine letzten Lew raushauen werde…

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14.02.2018: Plowdiw

Was ist eigentlich Plowdiw? Das hätte ich mich jedenfalls vor einiger Zeit gefragt, denn den Namen meines derzeitigen Aufenthaltorts kannte ich noch nicht lange, zumal er eher an eine nicht geläufige russische Abkürzung erinnern mag. Auf die Idee, die Stadt zu bereisen kam ich erst, als ich von einem einst aus Bulgarien stammenden und seit mehr als zehn Jahren in den USA lebenden Kollegen erfuhr, dass er in dieser Stadt studiert hat. Das machte mich erst einmal neugierig. Später, nämlich erst bei der Planung dieser Reise, las ich im Internet, dass Plowdiw im kommenden Jahr 2019 die europäische Kulturhauptstadt werden wird – was mich noch ein wenig neugieriger machte – und erst kurz vor meiner Abfahrt aus Hamburg ein paar Tage zuvor entdeckte ich, dass Plowdiw die älteste Stadt Europas ist mit archäologischen Funden, die 8000 Jahre alt sind – sie ist also noch gut 5000 Jahre älter als Rom. Insofern wurde Plowdiw zu meinem heimlichen Reiseziel, zumal es die östlichste meiner Stationen ist.

Plowdiw wird europäische Kulturhauptstadt in 2019
Plowdiw wird europäische Kulturhauptstadt in 2019

Die Altstadt, in die ich bereits am Tag zu vor von meinem Hotel aus gegangen bin, hat eine lange, hübsche Fußgängerzone mit Altbauten aus der vergangenen Jahrhundertwende und man findet an mehreren Stellen antike Stätten und Ruinen aus der römischen Zeit, nicht zu vergleichen mit dem Forum Romanum, aber viele Ruinen sind offenbar einfach noch nicht ausgegraben. Direkt östlich daran anschließend, auf einem kleinen Hügel gelegen, befindet sich das wirkliche Herzstück der Stadt, das mittelalterliche Viertel „Staria Grad“ mit kleinen Gässchen und Herrenhäusern aus der osmanischen Zeit, inklusive alter Stadtmauer und einem alten römischen Amphitheater.

Leider regnete es am Vormittag kräftig, so dass ich erst ein wenig später zu einem Erkundungsspaziergang aufbrach. Aufgrund des Wetters besuchte ich relativ bald das ethnologische Museum im historischen Viertel, um meine Sachen trocknen zu lassen, und war davon immerhin so halb angetan. Das historische Haus, das das Museum beherbergte, war in jedem Fall einen Besuch wert, es sah hübsch und alt aus, die hölzernen Dielen und Treppen knarzten beim Begehen und auch die Fotos und Exponate waren eigentlich sehenswert, nur war keins von ihnen datiert, so dass ich in einem Raum voller Töpfererzeugnissen wie Schalen, Tellern und tönernen Kelchen nicht erfuhr, ob die nun 100 oder 1000 Jahre alt waren. Am folgenden Tag werde ich das archäologische Museum besuchen und erhoffe mir diesbezüglich ein wenig mehr.

Römisches Amphitheater in Plowdiw
Römisches Amphitheater in Plowdiw

Auf dem Weg zurück in der Fußgängerzone sah ich die katholische und orthodoxe Kirche nicht weit voneinander entfernt und passierte kurz danach die zentral gelegene Moschee. Ich war beeindruckt, wie gleichberechtigt hier die Gotteshäuser erscheinen – vermutlich ein Aspekt, der erklärt, warum hier offenbar alle Religionen friedlich miteinander leben, aber ein zugegebenermaßen nicht überall einfach zu erreichender. Gegen Nachmittag, nachdem der Regen aufgehört hatte, entschloss ich mich, die anderen Hügel inmitten der Stadt zu erklimmen. Jedes Mal hatte man einen schönen Blick auf die Altstadt – nicht zu vergleichen mit dem Blick auf die Neustadt Skopjes, und ich erreichte so auch ein weiteres Wahrzeichen, einen leicht verfallenen Uhrenturm aus der osmanischen Zeit um das 16. Jahrhundert.

Im Hotel angekommen vergewisserte ich mich, dass die Sauna lief und nutzte die Gelegenheit für zwei Stunden schwimmen und schwitzen, bevor ich mich auf dem Weg zum Abendessen zurück in die Stadt machte. Obwohl Sandra und ich tagsüber mobil Nachrichten und Grüße zum Valentinstag ausgetauscht hatten, habe ich nicht bedacht, dass der heutige Tag natürlich auch Auswirkungen auf die Anzahl noch freier Tische haben mag. Nachdem ein Restaurant meiner engeren Auswahl mich wieder fortschickte und bei einem zweiten ca. 10 Leute – nein, Pärchen – im Eingangsbereich auf einen Tisch warteten, entschied ich mich für einen Platz draußen unter einem Wärmepilz, denn ich hatte ja eine warme Jacke mit. An den Tischen neben mir saßen ein paar Pärchen, denen es wohl ähnlich ging wir mir.

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13.02.2018: Skopje – Plowdiw

An diesem Tag weckte mich wie am Tag zuvor der Muezzin von der Moschee nebenan um 05:45 Uhr, allerdings schien er heute besonders viel zu erzählen haben, denn als er fertig war, war ich definitiv wach und konnte bis zum Klingeln der Weckerapp meines Handys um 06:30 Uhr nur noch ein wenig dösen. Kurz danach musste ich auch aufstehen, denn der letzte Bus am Morgen nach Sofia fuhr um 08:30 Uhr. Warum keine Bahn? Für viele Verbindungen in Südosteuropa gibt es keine Zugverbindungen und der öffentliche Fernverkehr wird über Busse abgewickelt. Immerhin konnte ich mich noch am Frühstücksbuffet stärken. Als sehr professionell wird mit mein Kellner im Gedächtnis bleiben, hatte er sich doch offenbar am Vortag meinen Getränkewunsch gemerkt und servierte er mir nun ungefragt einen Kaffee, noch bevor ich vom Buffet zu meinem Tisch zurückkehrte.

Wie geplant erreichte ich nach einem kleinen Fußmarsch den Busbahnhof Skopje und zahlte für die erste Fahrt an diesem Tag nach Sofia 980 Denar, also etwa 16 Euro. Meine Hoffnung auf eine Steckdose im Bus oder gar WLAN gab ich auf, als ich ihn erspähte – er war sehr klapprig und fuhr offenbar ein paar Jahrzehnte vorher in Deutschland, denn im Innenraum klebten noch ein paar verbeulte Aufkleber aus Blech mit der Aufschrift „Rauchen verboten“ und von der Decke hing ein nicht mehr funktionierender Blaupunkt-Fernseher. Den Bus teilte ich mir mit insgesamt etwa 15 anderen Passagieren, unter anderem einem jungen Touristen aus Fernost und mehreren Leuten aus Polen und Albanien.

Leider konnte ich durch die sowohl innen als auch außen mit Sonnenschutzfolie verklebten Fenster die Landschaft draußen nur erahnen, sah aber, dass wir uns nach einer kurzen Fahrt auf der Autobahn per Landstraße dem Osogowogebirge  näherten. Auf einem Pass erreichten wir nach gut zwei Stunden die verschneite mazedonisch-bulgarische Grenze. Nachdem alle Passagiere ihre Reisepässe einem mazedonischen Ausreisebeamten ausgehändigt haben, verbrachten mehr als zwei Drittel der Leute die Wartezeit auf die fertige Bearbeitung unserer Dokumente draußen vor dem Bus bei einer Zigarette. Wir fuhren ein paar Meter weiter und die ganze Prozedur wiederholte sich mit einem bulgarischen Einreisebeamten.

Stopp an der mazedonisch-bulgarischen Grenze
Stopp an der mazedonisch-bulgarischen Grenze

Einige Minuten später wurde unser Bus noch von einem bulgarischen Zollbeamten inspiziert. Offenbar hatte er mich auserwählt, denn er blieb an meiner Sitzreihe stehen und zeigte auf meinen Rucksack. Ich fragte ihn, ob er einen Blick hinein werfen möchte und er nickte, aber noch während ich den ersten Reisverschluss öffnete und dem kurzen Dialog „Nationality?“ – „German.“ – „Tourist?“ – „Yes.“ winkte er ab und ging weiter.

Nach insgesamt einer Dreiviertelstunde Aufenthalt an der Grenze konnten wir endlich unsere Fahrt durch die verschneite Landschaft in Bulgarien fortsetzen. Die EU hatte mich wieder, ich konnte wieder umsonst mobil nach Deutschland oder zu Sandra und Johanna nach Österreich telefonieren und wir gelangten in die Osteuropäische Zeitzone. Nach nur zehn Minuten Fahrt hielten wir allerdings erst einmal erneut und machten eine weitere Viertelstunde Pause, die einige Passagiere dazu nutzten, sich für das Mittagessen mit einer Tüte Chips zu versorgen. Währenddessen bekam ich mit, dass die polnische Reisegruppe offenbar einen anderen Passagier dafür begeistern konnte, bei ihnen zu arbeiten, es ging um die Baubranche in Deutschland. Dem möglichen künftigen Mitarbeiter leuchteten ein wenig die Augen, als ihm angeboten wurde, für 5 Euro pro Stunde und kostenloser Unterkunft auf der Baustelle für ein Jahr zu arbeiten, denn Arbeiter auf dem Bau seien Mangelware. Ich erinnerte mich an die Baustelle unserer Wohnung vor knapp vier Jahren, auf der bei unseren Besuchen während der Rohbauphase auch nur wenige Leute deutsch sprachen.

Auf der Weiterfahrt fiel mir beim Blick aus dem Fenster tatsächlich auf, dass wir wieder in der Europäischen Union waren, denn ich sah diverse Hinweisschilder auf mir bekannte Geschäfte wie Billa oder Kaufland. Ich vertrieb mir wie auch schon in den letzten Tagen ein wenig die Zeit damit, alle kyrillischen Schilder, die ich sah, zu entziffern und wenn möglich zu übersetzen. Mit einer halben Stunde Verspätung erreichten wir den wirklich extrem hässlich gelegenen Bahnhof Sofias, neben dem sich auch der Busbahnhof befindet. Busse nach Plowdiw fuhren glücklicherweise mehrfach stündlich, so dass ich auf dem Busbahnhof erst einmal ein paar Lew ziehen und mir anschließend ein Brötchen kaufen konnte.

Quiz für Interessierte an der kyrillischen Schrift Interessierte: Deutsche Ziele von Buslinien aus Skopje
Quiz für Interessierte an der kyrillischen Schrift: Deutsche Ziele von Buslinien aus Skopje

Es stellte sich heraus, dass die nächste Verbindung nur fünf Minuten später startete, und ich entschied mich aufgrund der Verspätung, mir meine Füße nicht noch kurz zu vertreten, sondern die direkt Fahrt anzutreten, um noch bei Tageslicht an meinem Reiseziel einzutreffen.

Die Fahrt führte uns durch eine hübsche verschneite Hügellandschaft zwischen Rila- und Balkangebirge mit Nadelwäldern, die es exakt so auch in Deutschland hätte geben können. Der Bus war deutlich komfortabler und hätte sogar WLAN gehabt, die Autobahn war gut ausgebaut – also alles fast wie zu Hause. Als wir in Plowdiw eintrafen, hatte allerdings bereits der Feierabendverkehr begonnen, so dass wir mit einer weiteren halben Stunde Verspätung am Busbahnhof eintrafen.

Meine Unterkunft in Plowdiw lag direkt neben dem Stadtzentrum und hatte einen Pool und Sauna. Letztere hätte allerdings noch eine Stunde zum Aufheizen benötigt, so dass ich nur ein paar Bahnen im Pool zog – eine schöne Abwechslung nach dann doch fast acht Stunden sitzen. Auf dem Weg durch die Altstadt zu einem Restaurant stellte ich fest, dass sie sehr charmant wirkte und ich freute mich schon auf den nächsten Tag.

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12.02.2018: Skopje

Der Vorteil einer kleinen Hauptstadt wie Skopje ist, dass man das Wesentliche an einem Tag besichtigen kann. Überstunden wie in Rom musste ich hier nicht machen.

Ich begann meinen Spaziergang wie am vorigen Tag mit einen Bummel durch das Altstadtviertel. An diesem Tag hatten die Geschäfte geöffnet, und obwohl es noch nicht einmal Mittag war, saßen viele Leute in den Cafés und die Atmosphäre in den Straßen wirkte quirlig. Doch, mir gefiel Mazedonien irgendwie – die meisten Leute wirkten entspannt und freundlich, ich konnte überall stehenbleiben, schauen und Fotos machen, ohne dass mir ein paar Sekunden später jemand einen Selfiestick, einen kitschigen Kristall oder ein Holzbrett verkaufen oder mich hartnäckig dazu überreden wollte, im Restaurant nebenan einzukehren. In Rom war das tatsächlich häufig der Fall, und ich habe mich dort ab und zu gefragt, warum die Restaurantschlepper, nachdem man ihnen unmissverständlich mitgeteilt hat, dass man jetzt einfach nichts essen möchte, warum sie diese Aussage nicht einfach mal akzeptieren wollen, sondern im Gegenteil dann anfangen, ihre vollständig auswendig gelernte Speisekarte ohne Pause in schlechtem Englisch aufzusagen und dabei die auf die entsprechenden Fotos der Gerichte zu zeigen und sie einem so unter die Nase zu halten, als sei man kognitiv eingeschränkt… so dass einem oft nichts anderes übrig bleibt als irgendwann die Flucht zu ergreifen. Ich kann mir keine einzige Situation vorstellen, in der ein gerade gefrühstückt habendes Opfer nach 45 Sekunden verbalem Beschuss plötzlich feststellt, nun doch Heißhunger auf lecker Scaloppine al marsala zu haben. Nun ja, ich schweife ab.

Nach dem Bummel durch die Gassen des Basarviertels wollte ich mir die Festung Kale ansehen, die sich westlich der Altstadt auf einem Hügel erhob. Im Internet hatte ich gelesen, dass der Eintritt frei sei – das war auch verständlich, denn die Hälfte der Festung war eine Baustelle und abgesperrt. Es gab drei Wegweiser ohne Beschriftung und noch nicht einmal Informationstafeln. Aber dennoch hatte man von den zugänglichen Bereichen einen schönen Blick auf die Stadt. Schön? Von den vergangenen Reisen hatte ich gelernt, dass viele Städte Osteuropas erst einmal ziemlich hässlich aussehen, aber dass trotzdem jede Stadt ihre Schätze hat. Auch Skopje sah von oben eigentlich nicht besonders imposant aus: Überall ragten graue oder schwarze Betonhochhäuser zwischen den Dächern hervor. Hier und da versuchten dann noch wuchtigere Neubauten das Blickfeld zu dominieren, was ihnen aber nur teilweise gelang.

Blick von der Festung Kale auf die Neustadt Skopjes
Blick von der Festung Kale auf die Neustadt Skopjes

Von der Festung erblickte ich runde, goldene Kuppeln einer orthodoxen Kirche auf der anderen Seite der Vardar und beschloss, sie mir anzusehen. Leider war auch sie aufgrund von Bauarbeiten geschlossen. Dafür besserte sich überraschenderweise das Wetter und die Wolken gaben den Blick auf die Gipfel der umliegenden Berge frei. Auf den Vodno, dem Hausberg Skopjes, fuhr eine Seilbahn und da ich noch jede Menge Zeit hatte, entschied ich mich für einen kleinen Aufstieg zur Talstation. Ich hätte wetten können, dass ich auf dem Weg keinem Menschen begegnen würde, aber ich traf auf mehrere Pärchen und ältere und jüngere Wanderer, die allein unterwegs waren. Oben angekommen stellte ich fest, dass die Seilbahn derzeit nicht fährt, so dass ich nach einer kurzen Rast wieder umkehrte. Nun ja, auf dem Abstieg gab es auch ein, zwei schöne Aussichtspunkte mit Blick auf die Stadt. Unten angekommen, machte ich mich auf den Weg zurück in den alten Basar, um dort in ein türkisches Café einzukehren.

Türkischer Kaffee, Trilece, ein Handy und eine Bluetoothtastatur – das reicht zum Blog schreiben
Türkischer Kaffee, Trilece, ein Handy und eine Bluetoothtastatur – das reicht zum Blog schreiben

Ich hatte mir vor meiner Abfahrt aus Hamburg auf mein Handy ein paar Informationen über die Stopps meiner Reise heruntergeladen. Beim Überprüfen der Liste an Sehenswürdigkeiten Skopjes stellte ich fest, dass ich am Mutter Theresa Gedenkhaus offenbar vorbeigegangen bin, denn es befand sich direkt neben der orthodoxen Kirche. Da es nur ein paar Minuten entfernt lag, entschied ich mich trotzdem für einen kurzen Besuch. Tatsächlich war es eine der wenigen Sehenswürdigkeiten, die in Skopje geöffnet hatte! Es gab ein paar Fotos zu sehen und Informationen über ihren beeindruckenden Lebenslauf. Sie wurde in Skopje geboren und ich fragte mich, warum der Flughafen nicht eher nach ihr benannt worden ist.

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11.02.2018 Rom – Skopje

Wenn man es genau betrachtet, dann führte meine Reiseplanänderung dazu, dass meine Fahrten mit der Bahn erst einen Tag später als ursprünglich geplant zu Ende gingen. Meine letzte Bahnfahrt auf dieser Reise war nämlich jetzt die mit dem Leonardo Express zum Flughafen Rom und nicht die einen Tag zuvor nach Bari.

Dazu musste ich wieder einmal viel zu früh und wieder um 06:25 Uhr von meiner zweiten Unterkunft in Rom aufbrechen, denn mein Flug nach Belgrad ging um 09:20 Uhr. Im Gegensatz zu meiner Abreise aus Hamburg konnte ich mir dieses Mal auf dem Weg zum Bahnhof allerdings Zeit lassen.

Während meiner Wartezeit am Flughafen und während des Fluges konnte ich mich erneut meinem „Hobby“ widmen, mit dem ich schon bei meinen letzten Reisen gut Zeit überbrücken konnte, nämlich mit dem Schreiben einer Software, die automatisch das Solitaire-Murmelspiel auf verschiedenen Brettern löst. Da ich mich ja immer nur ein Mal im Jahr damit befasse, war ich doch überrascht, wieviele Komponenten ich in den Jahren zuvor und auch im  letzten Jahr, zum Beispiel nach dem Verzehr eines Asia-Nudelsnacks in Böhmisch Krumau, fertiggestellt habe. Aber es gab noch viel zu tun, und so dauerte es gefühlt nicht lange, bis ich mich auf dem Landeanflug nach Belgrad befand. Da dort meine Bahnreise zwei Jahre zuvor endete, versuchte ich von oben Bekanntes zu entdecken und erkannte tatsächlich die Save und die sozialistischen Bausünden des Stadtteils Novi Beograd.

Nach gut zwei Stunden Aufenthalt auf dem Flughafen verließ ich Belgrad bereits wieder in Richtung Skopje und so vernünftig meine Entscheidung von gestern auch gewesen ist, wurde mir im Vergleich zur Anreise nach Rom klar: Wenn man fliegt, dann reist man im wahrsten Sinne des Wortes abgehoben. Schaut man aus dem Fenster, dann sieht man keinen Müll an den Gleisen oder an der Straße, die Klamotten der Leute auf dem Land, ihre Frisuren, keine teils verbeulten Autos, die an der Schranke warten. Nein, während eines Fluges wird die Reise geografisch: Hier ein Höhenzug, da ein Meer, hier ein paar Wolken, da ein Fluss, schwupps, anschnallen, Handy aus, Landeanflug. Hat nichts mit dem Leben der Leute da unten zu tun. So, das reicht wohl erstmal an philosophischen Gedanken. Aber um so mehr freute ich mich, dass meine Reise auf dem Land ja noch weiter geht.

Fast leerer Airbus beim Landeanflug in Skopje
Fast leerer Airbus beim Landeanflug in Skopje

Während des Fluges im völlig unterbesetzten Airbus machte ich mich ein wenig über Mazedonien schlau – viele der dieses Land betreffenden politischen Ereignisse müsste ich ja damals in den Nachrichten Anfang der 90er beim Zerfall Jugoslawiens live mitbekommen haben müssen, aber damals interessierte ich mich offenbar ziemlich wenig für Politik. So las ich, dass Mazedonien schon seit Jahren in Beitrittsverhandlungen mit der EU ist, allerdings erst ein Streit mit Griechenland über die Landesbezeichnung beigelegt werden muss, denn Griechenland bezeichnet mit dem Begriff „Makedonien“ nordgriechisches Gebiet. Offenbar hat es wohl ein paar Fortschritte geben, gelöst ist das Problem aber noch nicht. Zudem kamen dann die Mazedonier auf die für mich als Laien reichlich dumme Idee, den Flughafen in Skopje nun ausgerechnet „Flughafen Alexander der Große“ zu nennen. Der stammt aber gar nicht aus der Gegend, sondern tatsächlich aus Griechenland. Insofern wird, so denke ich, ein EU-Beitritt Mazedoniens wohl noch eine Weile dauern…

Vom Flughafen brachte mich ein vom Hotel organisiertes Taxi zu meiner Unterkunft. Der Taxifahrer war allerdings neun Jahre während seiner Kindheit in der Schweiz und sprach noch gut Deutsch mit leichtem Schweizer Akzent und er berichtete von der zunehmend schlechten Luft in Skopje, vor allem im Sommer aufgrund des fehlenden Windes und aufgrund vieler nicht einer EU-Norm entsprechenden Autos mit schlechten Abgaswerten. Und er erzählte, wie er die Nachbarländer Mazedoniens findet: Montenegro – schön; Albanien – billig; Griechenland – teuer; Kosovo – interessant.

Meine Unterkunft lag sehr zentral und hatte zudem einen Wellnessbereich mit Indoorpool und Sauna. Die wollte ich später am Tag noch ausprobieren, aber vorher meine neu gewonnene Zeit noch für einem kleinen Spaziergang durch die Stadt nutzen. Das Hotel grenzt direkt an den osmanisch geprägten Altstadtkern mit Moscheen und niedlichen, verwinkelten, kleinen Gassen. Die Läden hatten zwar alle geschlossen, denn es war Sonntag, aber in kleinen Cafés sah ich ältere Herren türkischen Tee trinken, Sonnenblumenkerne knabbern, Karten spielen und Zigarette rauchen. Auf der südlichen Seite der Vardar sah die Stadt eher westlich aus, was mich ein wenig an die Viertel Sultanahmet und Beyoğlu in Istanbul denken ließ, die ja einen ähnlich unterschiedlichen Charakter auf den beiden Seiten des goldenen Horns haben.

Altstadt (Old Bazar) in Skopje
Altstadt (Old Bazar) in Skopje

Wieder im Hotel angekommen machte ich mich anschließend wie geplant auf den Weg in den Wellnessbereich, hatte allerdings, wie ich dann erfuhr, nur ein paar Minuten Zeit für den Pool, denn dort sollte ein wenig später eine Bachelor-Party für ein paar Girls steigen. Ich fragte mich, warum die Mitarbeiter des Hotels dafür überall rote herzförmige Luftballons und ebenfalls rote Kerzen dekoriert haben – vielleicht hatte die Feier eher was mit dem Fernsehformat „Der Bachelor“ zu tun? Ich wusste es nicht… In die Sauna sind sie jedenfalls nicht nachgekommen.

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10.02.2018: Rom [– Bari]

Der letzte Tag in Rom begrüßte mich erneut mit Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen. Mein Zug nachmittags nach Bari sollte um 14:55 Uhr abfahren, ich hatte als noch ein wenig Zeit für einen letzten Bummel und musste mich entscheiden: Petersdom oder Pantheon. Ich entschied mich für das Pantheon und einen weiteren Spaziergang durch die Altstadt.

Dass zwei Tage für einen Besuch Roms definitiv zu wenig sind, war mir zwar schon vorher klar – aber mir fiel auf, dass man das auch zahlenmäßig sehr leicht überschlagen kann: Mal angenommen, es gäbe in Rom über den Daumen 40 Sehenswürdigkeiten und man würde für jede etwa eine Stunde benötigen – den Weg zwischen ihnen noch nicht einmal mit eingerechnet – dann bräuchte man insgesamt schon eine durchschnittliche Arbeitswoche, um alle zu besuchen. Für meinen kürzeren Aufenthalt bedeutete das dementsprechend: Sehenswürdigkeiten streichen bzw. jede Menge Überstunden.

Auf dem Weg zum Pantheon machte ich einen kleinen Umweg zum Nationaldenkmal für Viktor Emanuel II., der sogenannten „Schreibmaschine“, von deren Dach man einen tollen Blick auf die Stadt haben sollte. Währenddessen machte ich mir Gedanken über meine Weiterreise, die „Durststrecke“ dieses Urlaubs, die mich nachmittags per Zug nach Bari an die Adria bringen sollte, dann über Nacht per Fähre in die albanische Hafenstadt Durrës und von dort nach acht Stunden Wartezeit in weiteren sechs Stunden per Bus nach Skopje, mit Ankunft gegen 23:00 Uhr am dortigen Busbahnhof. Es gab nämlich gleich zwei aktuelle Probleme:

  1. Ich konnte nicht definitiv herausfinden, ob in dieser Saison überhaupt der im Internet angeschlagene Bus von Durrës nach Skopje fährt, denn von der Aktualität der Daten auf der entsprechenden Internetseite war ich nicht ganz überzeugt: Eine Anfrage ein paar Tage zuvor per E-Mail in meinem Hotel in Skopje bzgl. einer Bestätigung der Buslinie war erfolglos, ich bekam als Antwort, dass es viele Busse gibt, die nach Skopje führen und einen Link auf eine Webseite, der man die Abfahrtszeiten von Bussen aus Skopje entnehmen konnte – die beantworteten natürlich meine Frage nicht. Durrës war im Übrigen nicht dabei und eine ähnliche Übersicht mit den für mich relevanteren Ankunftszeiten gab es nicht. Auch mein zweiter Versuch war nicht erfolgreich: Ich hatte vor ein paar Wochen von Hamburg aus bereits ein Hotel in Durrës angeschrieben mit der Bitte, mir am Ankunftstag bei der Busorganisation zu helfen und meinen Koffer für ein paar Stunden zu beherbergen, leider ohne Antwort. Meinen dritten Versuch startete ich am vergangenen Tag: Ich wollte direkt vom Busbetreiber eine persönliche Reservierung oder Bestätigung bekommen. Nach einem Mausklick auf „Book online“ im Internet bekam ich lediglich eine albanische Telefonnummer zu sehen. Unter der meldete sich kein Englisch sprechender Mitarbeiter, sondern es lief eine albanische Ansage, die zwar sehr interessant klang, von der ich allerdings kein einziges Wort verstand. Sie hätte auch gut „Im Februar fahren keine Busse nach zwischen Albanien und Mazedonien“ heißen können.
  2. Die Wettervorhersage für meine Überfahrt hatte sich in den vergangenen Tagen deutlich verschlechtert hat und an diesem Vormittag befand sich nun ein paar hundert km südlich meiner geplanten Überfahrtsroute das Zentrum eines schwachen Zyklons mit Ausläufern, die schon in Bari bis zu Windstärke 6 führten. Die Vorhersage für meinen Wartetag in Durrës nach der Überfahrt lautete demnach auch: Regen. Mal abgesehen davon, dass es nach einer spektakulär turbulenten Seefahrt im Sturm dann acht Stunden ohne Hotel recht langweilig sein könnte, hätte ich auf der anschließenden sechsstündigen Busfahrt im Dunkeln bei dem Wetter nun noch weniger von der Landschaft sehen können.
Wirbelsturm über der Adria. Die Rote Linie kennzeichnet die Strecke der Fährverbindung Bari - Durrës
Ein leichter Wirbelsturm über der Adria gegen Mittag. Die rote Linie kennzeichnet die Strecke der Fährverbindung Bari – Durrës. Das Zentrum bewegt sich langsam nordwärts.

Ich fragte mich also, während ich den Blick von der „Schreibmaschine“ auf die Stadt bei Sonne genoss, ob ich nicht lieber einen Plan B erstellen und auf anderem Wege nach Skopje gelangen könnte. Das hieße, per Flugzeug zu reisen, und wäre natürlich überhaupt nicht mit dem Leitbild meiner Bahnreisen zu vereinbaren gewesen. Für so eine Entscheidung brauchte ich unbedingt einen „Peer“, einen Gesprächspartner. Ich rief also kurzerhand Sandra an, die gerade mit Johanna im Zug auf dem Weg in den Skiurlaub war, und die mich sofort darin bestärkte, meine Urlaubszeit doch entspannt zu verbringen und statt Sturm auf See und Bus im Dunkeln lieber Sonne in Rom zu wählen. Das bedeutete: Flug von Rom nach Skopje und eine weitere Hotelnacht in Rom buchen und mich nicht über die bereits bezahlte Bahn- und Überfahrt ärgern. Das machte ich dann alles größtenteils per Handy in einem Straßencafé bei einem Espresso in der Sonne und kaufte mir anschließend ein Lachsbrötchen.

Chinesisches Neujahrsfest auf der Piazza del Popolo
Chinesisches Neujahrsfest auf der Piazza del Popolo

Nun hatte ich nach Besuch des Pantheons spontan noch mehr Zeit und konnte mir das Museum der Engelsburg am Tiber ansehen, denn für den Petersdom hätte ich mich bereits morgens entscheiden müssen. Anschließend spazierte ich bis zum Piazza del Popolo durch die Mönckebergstraße Roms, der „Via del Corso“. Auf dem Rückweg zu meinem alten Hotel konnte ich noch einmal die spanische Treppe bei Tageslicht und unvergleichlich viel mehr Besuchern hinaufsteigen und dann mit meinem Koffer bei beginnender Abenddämmerung nach ca. 50 Metern in meiner neuen Bleibe für eine Nacht einchecken. Während einer kurzen Pause vor dem Abendessen bestätigte ein Blick auf die Wetterkarte meines Smartphones die Richtigkeit meiner Entscheidung ein paar Stunden zuvor: In Bari hatte der Wind auf bis zu 41 km/h zugenommen, also Windstärke 7 – auf offener See wäre er vielleicht noch kräftiger? Das brachte mich kurz zum Nachdenken: Für die 200 km Entfernung zwischen Bari und Durrës waren 10 Stunden Fahrt eingeplant, also eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h gegenüber Grund. Die Windgeschwindigkeit wäre ja bereits mehr als doppelt so hoch, wer weiß, ob die Fähre bei dem Seitenwind überhaupt heute gefahren wäre.

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09.02.2018: Rom

Mein ganzer Tag in Rom empfing mich mit Sonnenschein. Ich nutzte die Tatsache, dass in meinem Zimmerpreis Frühstück inbegriffen war, hatte allereings keine zu großen Erwartungen daran. Genau die wurden auch erfüllt, denn auf dem Käsebuffet gab nun mal leider keinen Parmesan, Grana Padano oder Gorgonzola, sondern man hatte die Auswahl zwischen Schmelzkäseecken und einzeln eingepackten Scheibletten. Immerhin gab es italienische Mortadella. Als ich mir einen Kaffee am Automaten ziehen wollte, dachte ich zunächst, die Maschine sei kaputt, dem beim Drücken auf den Knopf „Coffee“ kam nur ein kleines Pfützchen aus der Maschine… aber das hat in Italien nun mal seine Richtigkeit – Espressotassen gab es allerdings nicht und auch die alternativen Getränke Cappucino und Cafè Americano schmeckten irgendwie alle gleich.

Ich hatte mir für den heutigen Tag das antike Rom vorgenommen, also den Besuch des Forum Romanums und des daran anschließenden Kolosseums. Wie in den letzten Jahren auch, wollte ich, wann immer möglich, zu Fuß unterwegs zu sein. Und wie ich am Tag zuvor schon festgestellt habe: Rom ist groß. Mein Spaziergang zum Forum Romanum dauerte deshalb auch eine gute halbe Stunde, dafür kam ich an einem kleinen Straßenmarkt vorbei, auf dem neben Obst und Gemüse auch allerhand Trödel verkauft wurde: Powerbanks sind derzeit ganz angesagt, es gab sie dort auch in rosa. Ein wenig ulkig wirkte ein indisch aussehender Verkäufer, der selbst keinen Stand hatte und Passanten mit der einen Hand eine Großpackung Taschentücher anpries, mit der anderen einen Selfiestick.

Schon von weitem ließ sich das Forum Romanum erahnen, eine kleine Ruinenstadt mitten in Rom, die auch dessen Geburtsstätte war. Dank Nebensaison gab es keine Warteschlange am Eingang und ich löste ein Kombiticket inklusive Kolosseum und entschied mich spontan, einen elektronischen Audioguide (heutzutage ist das ein softwaretechnisch eingeschränktes Smartphone) zu mieten – was sich kurze Zeit später als falsch herausstellte: Nahe jeder Ruine stand ein Schild mit den wichtigsten Informationen, und die meisten Audiotracks dazu fand ich persönlich eher fad, denn mir wurde erzählt, welche Farbe die jetzt nicht mehr vorhandene Fassade eines entsprechenden Bauwerks hatte und wer zu welchem Anlass wem ein Gebäude gebaut hat. Nach Ende der meisten Tracks hatte ich den Inhalt bereits wieder vergessen. Einzig die Informationen über Vestalinnen fand ich persönlich interessant, hatte ich doch vorher noch nie etwas von ihnen gehört. Neben dem Forum Romanum schließt sich südlich der Palatinhügel an, ebenfalls voll mit Ruinen und angedeuteten Gärten, von denen aus man im Hintergrund auf der einen Seite bereits das Kollosseum und auf der anderen den ehemaligen Circus Maximus (jetzt teils Parkplatz) sah und durch die ich flanieren konnte.

Forum Romanum
Forum Romanum

Nach zwei Stunden musste ich meinen eher nutzlosen Audioguide zurückgeben, und zwar an der Entleihstelle. Dummerweise war die an der westlichen Seite des Forum Romanums, das Kolosseum allerdings an der östlichen. Dort nach ein paar Minuten Fußweg angekommen wimmelte es nur von Touristen. Ich suchte den Eingang, aber groß ausgeschildert war nur „Group reservations“. Nach einer 10-minütigen Umrundung des Gebäudes wurde ich nicht schlauer, fand dann allerdings klein ausgeschildert drei durch Zäune gebildete Gänge, beschriftet mit „Buy tickets“, „Guided Reservations“ und „Roma pass“. Ich besaß nun keine der drei Optionen und fragte deshalb einen Mitarbeiter, welchen Gang ich mit meinem Ticket denn nun wählen dürfte. Er verwies mich auf „Roma pass“ – der dann übrigens nach 30 Metern mit dem von „Guided Reservations“ zusammengeführt wurde. Tatsächlich war es eine gute Sache, sich das Ticket am Forum Romanum zu kaufen, denn die Schlange am Kartenschalter war wirklich lang – und ich konnte an ihr komplett vorbei.

Das Kolosseum von innen
Das Kolosseum von innen

Nach der Besichtigung des doch eindrucksvollen Bauwerks und einem Imbiss schlenderte ich mit einem Eis zurück zum Hotel und wollte ursprünglich noch am Tiber laufen gehen, entschied mich allerdings aufgrund meiner Erkältung und meiner von den letzten drei Tagen müden Füße doch dazu, darauf zu verzichten. Stattdessen brach ich nach einer kurzen Pause beim Einbruch der Dunkelheit erneut auf, um noch den Bocca della Verità zu fotografieren und anschließend etwas essen zu gehen. Ich wurde ein wenig enttäuscht, denn aufgrund meiner schlampigen Reisevorbereitungen dachte ich, dass das Relief irgendwo draußen zu finden sei, es war allerdings in einer Kirche und die hatte bereits geschlossen. Immerhin befand sich das niedliche Viertel Trastevere in der Nähe, und ich kehre im Wintergartenzelt eines quirligen Restaurants ein, bevor ich mich auf den Weg zurück durch die Stadt machte.

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08.02.2018: München – Rom

02_MuenchenRom

Selten fand ich eine Fahrt mit dem Nachtzug so angenehm wie die von München nach Rom. Meine letzten Nachtzugfahrten liegen nun auch schon drei Jahre zurück, aber vermutlich lag es seinerzeit an den Gleisen und ihrer miesen Qualität, die mich von Krakau nach Budapest bzw. von Budapest nach Herrmannstadt so schlecht schlafen ließen und den Zug stundenlang durchrumsten.

Meinen Proviant, mit dem ich mich am Tag zuvor eingedeckt hatte, brauchte ich nicht, denn auf meinem Bett im Schlafwagen fand ich eine Tüte mit Kräckern und einer Flasche Wasser, einen von mir unangetasteten Frucht-Quetschie und einen von mir nicht unangetasteten Piccolo – am nächsten Morgen gab es Frühstück und Kaffee satt. Mit gemütlichen anderthalb Stunden Verspätung, in denen ich den Film „Die Insel“ auf meinem Laptop mit den neuen Bluetooth-Kopfhörern zu Ende sehen und hören konnte, erreichte der Zug den Bahnhof Rom Termini und ich laut Berichten vermutlich den gefährlichsten Stopp meiner diesjährigen Reise. Allen Passagieren wurde beim Verlassen des Bahnsteigs aufgrund der Verspätung eine weitere Tüte mit Wasser und Kräckern in die Hände gedrückt, nicht etwa aus Nettigkeit der Bahngesellschaft Trenitalia, sondern aufgrund der EU-Verordnung 1371/2007, Kapitel IV, Artikel 18, Absatz 2(a), nachzulesen im Amtsblatt der Europäischen Union. In der Bahnhofshalle entschied ich mich spontan, gleich ein Ticket für meine Weiterreise am Fahrkartenautomaten zu kaufen – und wurde dabei nicht bestohlen!

Da derzeit noch Nebensaison ist, war mein Hotelzimmer offenbar in der Nacht zuvor nicht belegt und ich konnte direkt nach meiner Ankunft einchecken… und erst einmal duschen. Ich entschied mich für einen Spaziergang am Nachmittag durch die Altstadt zum Tiber. Anschließend verließ ich Italien bereits wieder. Ich hatte mich nämlich dazu entschlossen, den Petersplatz in der Vatikanstadt anzuschauen. Die Schlange für den Besuch des Petersdoms war mir zu lang, vielleicht klappt es ja noch am Samstag Vormittag mit einem Ticket für ein entsprechendes Zeitfenster.

Petersplatz in der Vatikanstadt
Petersplatz in der Vatikanstadt

Ich spazierte anschließend den Gianicolo-Hügel hinauf, von dem aus man einen schönen Blick auf die Altstadt hat. Weiter ging es bergab in das wirklich hübsche und nicht ganz so kommerziell touristische Stadtviertel Trastevere mit niedlichen Restaurants. Als ich wieder am Tiber angelangte, dämmerte es bereits. Ich ging ein wenig flußaufwärts bis zur Engelsburg und genoß die langsam sichtbar werden Lichter der Stadt und der Brücken über dem Tiber.

Spanische Treppe
Spanische Treppe

Ein wenig weiter endete mein Weg an der spanischen Treppe, die im Vergleich zum Sommer mit Sicherheit nur spärlich besetzt war. Von dort aus ging es zurück ins Hotel und ich freute mich schon auf die nächsten beiden Tage.

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