Was ist eigentlich Plowdiw? Das hätte ich mich jedenfalls vor einiger Zeit gefragt, denn den Namen meines derzeitigen Aufenthaltorts kannte ich noch nicht lange, zumal er eher an eine nicht geläufige russische Abkürzung erinnern mag. Auf die Idee, die Stadt zu bereisen kam ich erst, als ich von einem einst aus Bulgarien stammenden und seit mehr als zehn Jahren in den USA lebenden Kollegen erfuhr, dass er in dieser Stadt studiert hat. Das machte mich erst einmal neugierig. Später, nämlich erst bei der Planung dieser Reise, las ich im Internet, dass Plowdiw im kommenden Jahr 2019 die europäische Kulturhauptstadt werden wird – was mich noch ein wenig neugieriger machte – und erst kurz vor meiner Abfahrt aus Hamburg ein paar Tage zuvor entdeckte ich, dass Plowdiw die älteste Stadt Europas ist mit archäologischen Funden, die 8000 Jahre alt sind – sie ist also noch gut 5000 Jahre älter als Rom. Insofern wurde Plowdiw zu meinem heimlichen Reiseziel, zumal es die östlichste meiner Stationen ist.

Die Altstadt, in die ich bereits am Tag zu vor von meinem Hotel aus gegangen bin, hat eine lange, hübsche Fußgängerzone mit Altbauten aus der vergangenen Jahrhundertwende und man findet an mehreren Stellen antike Stätten und Ruinen aus der römischen Zeit, nicht zu vergleichen mit dem Forum Romanum, aber viele Ruinen sind offenbar einfach noch nicht ausgegraben. Direkt östlich daran anschließend, auf einem kleinen Hügel gelegen, befindet sich das wirkliche Herzstück der Stadt, das mittelalterliche Viertel „Staria Grad“ mit kleinen Gässchen und Herrenhäusern aus der osmanischen Zeit, inklusive alter Stadtmauer und einem alten römischen Amphitheater.
Leider regnete es am Vormittag kräftig, so dass ich erst ein wenig später zu einem Erkundungsspaziergang aufbrach. Aufgrund des Wetters besuchte ich relativ bald das ethnologische Museum im historischen Viertel, um meine Sachen trocknen zu lassen, und war davon immerhin so halb angetan. Das historische Haus, das das Museum beherbergte, war in jedem Fall einen Besuch wert, es sah hübsch und alt aus, die hölzernen Dielen und Treppen knarzten beim Begehen und auch die Fotos und Exponate waren eigentlich sehenswert, nur war keins von ihnen datiert, so dass ich in einem Raum voller Töpfererzeugnissen wie Schalen, Tellern und tönernen Kelchen nicht erfuhr, ob die nun 100 oder 1000 Jahre alt waren. Am folgenden Tag werde ich das archäologische Museum besuchen und erhoffe mir diesbezüglich ein wenig mehr.

Auf dem Weg zurück in der Fußgängerzone sah ich die katholische und orthodoxe Kirche nicht weit voneinander entfernt und passierte kurz danach die zentral gelegene Moschee. Ich war beeindruckt, wie gleichberechtigt hier die Gotteshäuser erscheinen – vermutlich ein Aspekt, der erklärt, warum hier offenbar alle Religionen friedlich miteinander leben, aber ein zugegebenermaßen nicht überall einfach zu erreichender. Gegen Nachmittag, nachdem der Regen aufgehört hatte, entschloss ich mich, die anderen Hügel inmitten der Stadt zu erklimmen. Jedes Mal hatte man einen schönen Blick auf die Altstadt – nicht zu vergleichen mit dem Blick auf die Neustadt Skopjes, und ich erreichte so auch ein weiteres Wahrzeichen, einen leicht verfallenen Uhrenturm aus der osmanischen Zeit um das 16. Jahrhundert.
Im Hotel angekommen vergewisserte ich mich, dass die Sauna lief und nutzte die Gelegenheit für zwei Stunden schwimmen und schwitzen, bevor ich mich auf dem Weg zum Abendessen zurück in die Stadt machte. Obwohl Sandra und ich tagsüber mobil Nachrichten und Grüße zum Valentinstag ausgetauscht hatten, habe ich nicht bedacht, dass der heutige Tag natürlich auch Auswirkungen auf die Anzahl noch freier Tische haben mag. Nachdem ein Restaurant meiner engeren Auswahl mich wieder fortschickte und bei einem zweiten ca. 10 Leute – nein, Pärchen – im Eingangsbereich auf einen Tisch warteten, entschied ich mich für einen Platz draußen unter einem Wärmepilz, denn ich hatte ja eine warme Jacke mit. An den Tischen neben mir saßen ein paar Pärchen, denen es wohl ähnlich ging wir mir.