16.02.2018: Sofia

Mein ganzer Tag in Sofia begann ein wenig diesig, aber die Kraft der Sonne hat im Laufe des Tages gewonnen und sorgte wieder für blauen Himmel.

Nach dem Frühstück, bei dem außer mir auch noch einige Teilnehmer der European Snooker Championship waren (ein internationales Amateurturnier), belas ich mich ein wenig über die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ich erfuhr in meinen Reisetipps, dass man sich vor allem ein wenig treiben lassen sollte, um die Stadt kennen zu lernen, das passte zu meiner Einstellung.

Ich spazierte an also an diversen eher weniger spannenden Plattenbauten in der Nähe des Hotels vorbei mit Wettbüros (ЕВРОСПОРТ) und Apotheken (АПТЕКА) und gelangte nach ca. 10 Minuten zum Stadtzentrum. Dort befand sich eine alte Kirchenruine im Innenhof des Radisson Hotels und ein wenig weiter das Wahrzeichen Sofias, die Alexander Newski Kathedrale. Sie wurde gebaut im Gedenken an die Opfer der Befreiung Bulgariens vom Osmanischen Reich gegen 1877 und erinnerte mich doch vom Stil her ein wenig an den Dom des heiligen Sava aus Belgrad.

Alexander Newski-Kathedrale
Alexander Newski-Kathedrale

Beim Betreten der Kirche wurde per Schildern darauf hingewiesen, dass im Inneren bitte Ruhe angebracht sei und man für Fotos ein Ticket für 10 Lew an der Kasse lösen müsse. Tatsächlich wuselte allerdings ein Mitarbeiter der Kirche die ganze Zeit zwischen den Touristen umher, immer hektisch auf der Suche nach einem Opfer, das sein Handy zückt, um damit zu fotografieren, und rief stets in voller Lautstärke „Ticket is 10 Lew!“. Er hatte wohl Erfolg damit, aber die ebenfalls geforderte Ruhe hat er so nicht eingehalten – ich hätte ihm das wohl mal zurufen sollen.

Anschließend, ungeplant wie ich war, entdeckte ich auf meiner Karte auf dem Handy, dass sich in näherer Entfernung der Boris-Garten befindet, eine Grünanlage nahe des Stadtzentrums mit zwei Stadien. Ich entschied mich für eine Wanderung durch ihn und orientierte mich an den Wegen, die mir mein Handy vorschlug. Sie führten mich teils durch schlammige Trampelpfade in den Süden der Stadt und ich fragte mich, wer die in die OpenStreemap-Datenbank eingetragen hat, von sich meine Karten speisten. Irgendwann sah ich nach einigen weiteren Blicken auf mein Mobiltelefon, dass ich mittlerweile nicht weit entfernt vom Hausberg Sofias, dem Witoscha, angelangt war. Ich entdeckte auf der Karte die Talstation einer Seilbahn auf den Gipfel und beschloss, dorthin zu wandern, entlang der von mir auserkorenen kürzesten „grünen“ Route per Handy. Leider gab sie nicht zu erkennen, durch welche Viertel sie führt, und so wurde mein Weg tatsächlich spannend: Ein Mal endete ich an einem verschlossenen Tor, hinter dem sich nach meinen primitiven kyrillischen Kenntnissen ein Experiment der Universität befand, ein weiteres Mal stiefelte ich durch Baustellen eines Neubaugebiets und gelangte irgendwann in einen Innenhof eines Industrieunternehmens. Weiter ging es vorbei an gefühlt 15 unterschiedlichen kleinen Autowerkstätten (Автосервиз) und einer Autobahn, die man nur mit Umweg überqueren konnte. Irgendwann führte mich mein Weg dann zunehmend bergauf, es lag Schnee auf der Straße und es gab weniger Häuser. An meinem Ziel angekommen, stellte ich (welch Wunder) fest, dass die Seilbahn derzeit nicht fährt und ich kehrte in das noch offene Restaurant ein paar Meter weiter ein, um mich mit einem Cappucino zu stärken. Ich wahr wohl der einzige Gast, denn ich betrat einen sehr nett eingerichteten Raum mit ein paar in ihr Handy glotzenden Kellnern, die wohl von meinem Besuch ein wenig überrascht waren. Sie sprangen auf, einer legte ein paar Holzscheite in den Kamin nach, ein anderer schaltete das Licht an, ein weiterer die Musik und ich glaube, sie alle waren ein wenig traurig, dass ich nicht auch noch eine bulgarische Spezialität zum Essen bestellt habe, sondern mich danach aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wieder verabschiedet habe.

Mein Rückweg in die Stadt ging bergab viel schneller und führte mich zunächst durch ein Viertel mit vielen schicken Neubauten, wie sie in Hamburg auch gerade entstehen, und anschließend durch zwei weitere Parks und die Fußgängerzone der Stadt. Mein vorheriges Bild von Sofia, dass ich von der Ein- und wieder Ausreise auf dem Weg nach Plowdiw hatte, musste ich in jedem Fall korrigieren: Sie bietet an einigen Stellen doch viel Grün.

Fußgängerzone "Vitosha Boulevard" in Sofia
Fußgängerzone „Vitosha Boulevard“ in Sofia

Wieder im Hotel angekommen, entschloss ich mich dazu, ein letztes Mal in diesem Urlaub in die Sauna zu gehen und mich vom Wandern auszuruhen. Ich hatte ich ja schon in Budapest drei Jahre zuvor gelernt, dass man sich in manchen Ländern auch mit klitschnasser Badehose in die Sauna begibt. Heute wurde ich in dieser Hinsicht noch ein wenig mehr überrascht, denn ein Saunagast hatte sein Handy mit und tipselte beim Schwitzen 15 Minuten lang darauf darauf herum. Offenbar ein Indiz dafür, dass die Sauna leider nicht besonders heiß war.

Veröffentlicht am
Kategorisiert als 2018

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert