Der Vorteil einer kleinen Hauptstadt wie Skopje ist, dass man das Wesentliche an einem Tag besichtigen kann. Überstunden wie in Rom musste ich hier nicht machen.
Ich begann meinen Spaziergang wie am vorigen Tag mit einen Bummel durch das Altstadtviertel. An diesem Tag hatten die Geschäfte geöffnet, und obwohl es noch nicht einmal Mittag war, saßen viele Leute in den Cafés und die Atmosphäre in den Straßen wirkte quirlig. Doch, mir gefiel Mazedonien irgendwie – die meisten Leute wirkten entspannt und freundlich, ich konnte überall stehenbleiben, schauen und Fotos machen, ohne dass mir ein paar Sekunden später jemand einen Selfiestick, einen kitschigen Kristall oder ein Holzbrett verkaufen oder mich hartnäckig dazu überreden wollte, im Restaurant nebenan einzukehren. In Rom war das tatsächlich häufig der Fall, und ich habe mich dort ab und zu gefragt, warum die Restaurantschlepper, nachdem man ihnen unmissverständlich mitgeteilt hat, dass man jetzt einfach nichts essen möchte, warum sie diese Aussage nicht einfach mal akzeptieren wollen, sondern im Gegenteil dann anfangen, ihre vollständig auswendig gelernte Speisekarte ohne Pause in schlechtem Englisch aufzusagen und dabei die auf die entsprechenden Fotos der Gerichte zu zeigen und sie einem so unter die Nase zu halten, als sei man kognitiv eingeschränkt… so dass einem oft nichts anderes übrig bleibt als irgendwann die Flucht zu ergreifen. Ich kann mir keine einzige Situation vorstellen, in der ein gerade gefrühstückt habendes Opfer nach 45 Sekunden verbalem Beschuss plötzlich feststellt, nun doch Heißhunger auf lecker Scaloppine al marsala zu haben. Nun ja, ich schweife ab.
Nach dem Bummel durch die Gassen des Basarviertels wollte ich mir die Festung Kale ansehen, die sich westlich der Altstadt auf einem Hügel erhob. Im Internet hatte ich gelesen, dass der Eintritt frei sei – das war auch verständlich, denn die Hälfte der Festung war eine Baustelle und abgesperrt. Es gab drei Wegweiser ohne Beschriftung und noch nicht einmal Informationstafeln. Aber dennoch hatte man von den zugänglichen Bereichen einen schönen Blick auf die Stadt. Schön? Von den vergangenen Reisen hatte ich gelernt, dass viele Städte Osteuropas erst einmal ziemlich hässlich aussehen, aber dass trotzdem jede Stadt ihre Schätze hat. Auch Skopje sah von oben eigentlich nicht besonders imposant aus: Überall ragten graue oder schwarze Betonhochhäuser zwischen den Dächern hervor. Hier und da versuchten dann noch wuchtigere Neubauten das Blickfeld zu dominieren, was ihnen aber nur teilweise gelang.

Von der Festung erblickte ich runde, goldene Kuppeln einer orthodoxen Kirche auf der anderen Seite der Vardar und beschloss, sie mir anzusehen. Leider war auch sie aufgrund von Bauarbeiten geschlossen. Dafür besserte sich überraschenderweise das Wetter und die Wolken gaben den Blick auf die Gipfel der umliegenden Berge frei. Auf den Vodno, dem Hausberg Skopjes, fuhr eine Seilbahn und da ich noch jede Menge Zeit hatte, entschied ich mich für einen kleinen Aufstieg zur Talstation. Ich hätte wetten können, dass ich auf dem Weg keinem Menschen begegnen würde, aber ich traf auf mehrere Pärchen und ältere und jüngere Wanderer, die allein unterwegs waren. Oben angekommen stellte ich fest, dass die Seilbahn derzeit nicht fährt, so dass ich nach einer kurzen Rast wieder umkehrte. Nun ja, auf dem Abstieg gab es auch ein, zwei schöne Aussichtspunkte mit Blick auf die Stadt. Unten angekommen, machte ich mich auf den Weg zurück in den alten Basar, um dort in ein türkisches Café einzukehren.

Ich hatte mir vor meiner Abfahrt aus Hamburg auf mein Handy ein paar Informationen über die Stopps meiner Reise heruntergeladen. Beim Überprüfen der Liste an Sehenswürdigkeiten Skopjes stellte ich fest, dass ich am Mutter Theresa Gedenkhaus offenbar vorbeigegangen bin, denn es befand sich direkt neben der orthodoxen Kirche. Da es nur ein paar Minuten entfernt lag, entschied ich mich trotzdem für einen kurzen Besuch. Tatsächlich war es eine der wenigen Sehenswürdigkeiten, die in Skopje geöffnet hatte! Es gab ein paar Fotos zu sehen und Informationen über ihren beeindruckenden Lebenslauf. Sie wurde in Skopje geboren und ich fragte mich, warum der Flughafen nicht eher nach ihr benannt worden ist.