05.03.2023: Mailand

Mein erster Tag dieser Reise ohne zu reisen sollte ein sonniger sein – Mailand befand sich heute ausschließlich unter blauen Himmel und es herrschten angenehme frühlingshafte Temperaturen. Hatte ich gestern noch auf U-Bahn-Plänen herausgefunden, wie ich zu welcher Sehenswürdigkeit per Metro fahren könnte, startete ich vormittags einfach zu Fuß. In der Tat lag mein erstes Ziel, der Mailänder Dom, näher als gedacht. Zudem führte mich mein Weg dorthin durch nette Einkaufsstraßen und einen kleinen Park.

Auf dem Domplatz angekommen, fühlte ich mich ein wenig an den Markusplatz in Venedig erinnert. Allerdings gab es hier neben sehr vielen Touristen deutlich mehr Tauben. Ich wollte mich an die Sightseeing-Tipps aus dem Internet halten und den Dom von innen und oben besichtigen. Auf dem Weg in Richtung Ticket-Office erspähte ich dann mehrere Hinweisschilder mit QR-Codes, die auf die Möglichkeit hinwiesen, die Tickets online zu buchen. Aufgrund der von weitem sichtbaren langen Schlange vor den Ticketschaltern zückte ich mein Handy und sah, dass es erst nachmittags um 16:00 Uhr noch freie Plätze gab.

Fast wie in Venedig: Kanäle in Mailand

Insofern schlenderte ich nach einem erfolgreich abgeschlossenen Buchvorgang weiter durch die Innenstadt gen Süden und genoss das unterschiedliche Flair der Quartiere, das von mondän über touristisch bis hin zu alternativ reichte. Mein Ziel waren nun die Navigli, ein paar Kanäle ähnlich denen in Venedig, nur ohne Lagune, an denen ich pausieren wollte. In der Tat wirkten die Wege links und rechts des Naviglio Grande mit ihren Brückchen und zahllosen angrenzenden Cafés und Restaurants so, als wollten Sie einem Venedig ein wenig näher bringen. Bei einem Espresso Macchiato in der Sonne plante ich den Rest des Tages: Ich wollte zunächst weiter zur Kirche „Santa Maria delle Grazie“ gehen und dann zum Parco Sempione, in dem ich die alte Festung „Castello Sforzesco“ besuchen wollte – um dann rechtzeitig zum Dom zurückzukehren.

An der Kirche angekommen, fand ich heraus, dass auch hier Eintrittskarten nur mit einem Zeitfenster gebucht werden konnten. Das nächste freie offenbarte sich mir für den 23. März – insofern habe ich nun nicht Leonardo Da Vincis Meisterwerk „Das Abendmahl“ an der Nordwand eines an die Kirche angrenzenden Klostergebäudes sehen können. Ich habe mir die Wand stattdessen im Vorbeigehen intensiv von außen angeschaut und werde mir die andere Seite mit meiner VR-Brille ohne Wartezeit in Ruhe und bestimmt in 3D von zu Hause aus ansehen können.

Im Parco Sempione angekommen, erspähte ich einen mir vorher noch unbekannten Aussichtsturm und ich änderte meinen Plan zugunsten eines Turmbesuchs. Nachdem mehrere Eingänge zum Gelände mit Ketten verschlossen waren, fand ich aber doch noch den Haupteingang zum „Torre Branca“ (ja, er hat laut Internet etwas mit Fernet Branca zu tun). Auch hier warteten viele Touristen auf eine Auffahrt und der Mitarbeiter an der Kasse pflegte auf einem Zettel eine Liste mit Zeitfenstern. Ich hatte aber Glück und konnte den Platz im Aufzug um 15:00 Uhr einer nicht erschienenen Partei übernehmen. Ich wurde dann zwar vergessen und bin erst gegen 15:20 Uhr hinaufgelangt, aber der Blick auf die Stadt bei Sonne hat sich dennoch gelohnt.

Um 16:00 Uhr stand ich dann in der zu meinem Zeitslot passenden Schlange für den Besuch des Mailänder Doms an. Vor dem Betreten des Gebäudes musste an einem Security-Tisch meinen Rucksack öffnen. Eine Mitarbeiterin zeigte auf ein von mir versehentlich nicht geöffnetes Fach und fragte mich allen Ernstes: „Is there a knife in there?“. Mit meinem „No“ war sie zufrieden… ein wenig beängstigend.

Innen angekommen, war ich war wirklich beeindruckt von der imposanten Größe des Domes und kann mich bis auf „Sagrada Familia“ nicht an ein ähnlich gewaltiges Kirchenschiff erinnern – mein letzter Besuch des Kölner Doms liegt allerdings auch schon viele Jahre zurück. Nach einer Viertelstunde erfuhr ich zufällig, dass ich meinen Besuch um 16:00 Uhr an einem separaten Eingang zum Dach hätte beginnen müssen, aber dort wurde ich ohne Probleme hineingelassen, trotz fortgeschrittener Zeit. Auch der Tipp aus dem Internet, das Dach des Domes zu besichtigen, war ein Treffer, denn die Nähe zu den gotischen Ornamenten auf dem Dach bei Abendsonne war mindestens genauso imposant wie der Eindruck im Inneren des Doms.

Wirklich beeindruckend: Auf dem Dach des Doms von Mailand entlanglaufen

Nach dem Rückmarsch zum Hotel wollte ich nach einer kurzen Wellnesspause die Gelegenheit nutzen, zum Abendessen ein wirklich typisches Mailänder Gericht zu finden. Ich landete bei einer gemütlichen italienischen Osteria, die allerdings fest in asiatischer Hand lag und deren Speisekarte immerhin „Cotoletta Milanaise“ listete, als Alternative zu „Piccata Milanaise“. Das Kotlett stellte sich allerdings als ein Resultat erfolgreichen Lebensmittel-Engineerings heraus: Ich fand auf meinem Teller ein riesiges paniertes Schnitzel Wiener Art vor, was irgendwie an einen Knochen angedockt war. Die Form und selbst Muster auf der Panade sah exakt so aus wie das des Gastes am Nachbartisch. Irgendwie fand ich das chinesische Essen am Tag zuvor besser.

Laut Speisekarte ist das rechts im Bild ein typisches Mailänder Kotlett – ich wage das zu bezweifeln.
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04.03.2023: Zürich – Mailand

Trotz guter Federung bleibt ein Nachtzug nunmal ein Nachtzug – und ich persönlich kann in einem nicht rollenden Bett besser schlafen. So war für mich die Nacht um 06:30 Uhr entgültig zu Ende, als mein Zug gerade in Offenburg hielt. Die dann folgende Strecke führte westlich des Schwarzwalds entlang, über dem sich hartnäckig Nebelbänke hielten. Auch nach dem Verlassen der EU und einem längeren Aufenthalt auf einem Rangiergleis nahe Basel aufgrund eines anstehenden Lokwechsels, schaffte es die Sonne noch nicht ganz, sie zu vertreiben. Ein durchaus passables Frühstück, das mir in mein Abteil gereicht wurde, reichte mir als Entschädigung.

Welch ein Kontrast: Weißer Nebel über dem Schwarzwald

Als ich gegen 10:00 Uhr Zürich erreichte, freute ich mich erneut über die Tatsache, dass Bahnhöfe im Gegensatz zu Flughäfen in der Regel sehr zentral liegen. So fuhr ich ca. 10 Minuten nach Verlassen des Zuges und nach Verschließen meines Koffers in der Gepäckaufbewahrung bereits einige Straßen weiter mit der historischen „Polybahn“ einen Hügel hinauf zur Aussichtsterrasse der ehrwürdigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Nach einer Fotopause führte mich mein Weg wieder hinunter in die Altstadt durch kleine Gassen und entlang niedlicher Geschäfte und unglaublich teurer Frisörläden.

Fast schon maritim: Die Züricher Innenstadt an der Limmat.

Mir gefiel Zürich und der Charme der Innenstadt, die durch die Limmat und den Züricher See einen luftig frischen Charakter besitzt. Mein Weg führte mich weiter zum Grossmünster, einem der Wahrzeichen Zürichs, und weiter zum Sechseläutenplatz, an der sich direkt nebem dem Züricher See die Oper befindet. Das sonnige Wetter – der Nebel hatte sich mittlerweile verzogen – ließ mich in einem Café auf dem Platz rasten und zwar bei einem unglaublich teuren – aber mir durchaus mundenden – Espresso Macchiato für 7 Schweizer Franken. Die Westseite der Limmat, die ich danach besuchte, war ebenso sehenswert: Man findet dort die Haupteinkaufsstraße Zürichs – die Bahnhofsstraße – mit ihren unglaublich teuren Bekleidungsgeschäften, sowie den Lindenhof, von wo aus man erneut einen hübschen Blick auf die Dächer der Stadt hat.

Nachdem ich mit einer Flasche „Rivella“ als Andenken an Schweizerische Limonadenbraukunst aus Kindheitstagen („mit Molke – aber vor allem süß!“) ausgerüstet war, setzte ich meine Reise fort – denn im Rahmen meiner Planung hatte ich beschlossen, nicht im unglaublich teuren Zürich zu übernachten, sondern weiter nach Mailand zu fahren. Die Gegend wurde zunächst rasch hügeliger, dann bergig, und die Bahnroute verlief malerisch entlang des Zuger und des Vierwaldstätter Sees. Während ich mich noch ein paar Tage zuvor gefreut hatte, auf der Fahrt einen Blick auf viele verschneite Gipfel und Skipisten zu bekommen, so stellte sich später heraus, dass meine Route nicht durch die Alpen, sondern hauptsächlich unter ihnen entlang führen sollte, nämlich durch den Gotthard-Basistunnel, mit 57 km Länge der längste Eisenbahntunnel der Welt. Er wurde erst 2016 fertig gestellt und eignet sich offenbar dazu, mit hoher Geschwindigkeit durchfahren zu werden. So beschleunigte der IC fast schon einem Flugzeug gleich beim Weg schräg auf eine Bergwand zu, um dann anschließend für 20 Minuten mit vom Fahrtwind vibrierenden Scheiben und knackenden Wänden mit knapp 200 Sachen durch das Gotthard Massiv hindurch zu rasen – beeindruckend!

In Lugano erwischte ich rennend meinen Anschlusszug und befuhr gegen 17:30 Uhr wieder EU-Gebiet, so dass ich endlich unbesorgt die Datenroamingfunktion meines Handys aktivieren konnte. Eine knappe Stunde später erreichte ich Mailand. Der Blick auf blinkende Banken-Hochhäuser während meines Fußwegs zum Hotel vergegenwärtigte mir, dass Mailand groß ist und quasi das Frankfurt (Nord-)italiens sein könnte, genauso wie zuvor Zürich das Frankfurt der Schweiz hätte sein können. Nun ja, nach diesen eher naiven erdkundlichen Überlegungen und zwei kurzen Saunagängen in der „Sauna-Telefonzelle“ des Hotels machte ich mich auf den Weg zu einem Restaurant in der Umgebung und landete aufgrund besetzter Tische… beim Chinesen. Ich entschied mich im Gegensatz zu meinem letzten Besuch eines asiatischen Restaurants in Mailand im Rahmen einer Dienstreise 2012 gegen „Fried Frog Legs“ – sie wurden auch hier angeboten, aber mittlerweile wusste ich schon, dass sie nach Hühnchen schmecken.

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03.03.2023 Hamburg – Zürich

Es ist schon seltsam, sich mal wieder per Bahn durch Europa zu bewegen – das vorherige Mal tat ich es zu Beginn der Corona-Zeit und nun, drei Jahre später, an deren Ende. Mein Ziel, alle Länder Europas zu bereisen, werde ich in diesem Jahr wahrhaftig nicht erreichen: Es fehlen neben den baltischen und den Zwergstaaten noch Norwegen, Luxemburg, Malta, Albanien (in das ich 2020 wegen geschlossener Grenzen aus Montenegro nicht mehr einreisen durfte), der Kosovo, Moldavien, Belarus und die Ukraine. Mit ihr hatte ich bei meiner ersten Tour 2015 geliebäugelt, entschied mich dann allerdings, von Warschau über Krakau nach Budapest zu reisen. Vielleicht war das ein Fehler, denn nun ist mein Ziel vermutlich erst mal in weite Ferne gerückt.

Stattdessen wird mich meine Route in diesem Jahr eher in Richtung Südwesten bringen – geradezu langweilig, denn erstens bin ich in allen Staaten, durch die sie mich führen wird, bereits gewesen und zweitens kann man mit nur einer Ausnahme überall in Euro bezahlen… wobei auch das natürlich eine rückschrittliche Feststellung ist, denn einer elektronischen Bezahlung mit Karte oder Handy ist die Währung nun mal egal. Ich werde offenbar alt.

Nach einem recht arbeitsintensiven Tag packte ich, während ich auf Berechnungen meines Computer wartete, kurz meinen Koffer und habe anschließend den Beginn der Ferien mit dem Rest der Familie im „Westwind“ nahe des Hamburger Hauptbahnhofs verbracht. Um 22:07 Uhr fuhr dann der Nachtzug der Österreichischen Bundesbahn in Richtung Zürich ab und zwar in der Wagenreihung, die auf dem Wagenstandsanzeiger gezeigt wurde und nicht in der, die auf der elektronischen Anzeige zu sehen war und an der wir uns wie viele andere orientiert haben. Nach der Einfahrt des Zuges entstand also erstmal hektisches Gedränge auf dem Bahnsteig. Mein Schlafwagenabteil erwies sich als das fortschrittlichste, in dem ich bisher nachts gereist bin. Es war zwar klein, aber nicht eng. Es hatte ein Panoramafenster und eine gute Wagenfederung. Ein guter Start.

So lässt es sich reisen: Der Sekt von der ÖBB steht auch schon da

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