Trotz guter Federung bleibt ein Nachtzug nunmal ein Nachtzug – und ich persönlich kann in einem nicht rollenden Bett besser schlafen. So war für mich die Nacht um 06:30 Uhr entgültig zu Ende, als mein Zug gerade in Offenburg hielt. Die dann folgende Strecke führte westlich des Schwarzwalds entlang, über dem sich hartnäckig Nebelbänke hielten. Auch nach dem Verlassen der EU und einem längeren Aufenthalt auf einem Rangiergleis nahe Basel aufgrund eines anstehenden Lokwechsels, schaffte es die Sonne noch nicht ganz, sie zu vertreiben. Ein durchaus passables Frühstück, das mir in mein Abteil gereicht wurde, reichte mir als Entschädigung.

Als ich gegen 10:00 Uhr Zürich erreichte, freute ich mich erneut über die Tatsache, dass Bahnhöfe im Gegensatz zu Flughäfen in der Regel sehr zentral liegen. So fuhr ich ca. 10 Minuten nach Verlassen des Zuges und nach Verschließen meines Koffers in der Gepäckaufbewahrung bereits einige Straßen weiter mit der historischen „Polybahn“ einen Hügel hinauf zur Aussichtsterrasse der ehrwürdigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Nach einer Fotopause führte mich mein Weg wieder hinunter in die Altstadt durch kleine Gassen und entlang niedlicher Geschäfte und unglaublich teurer Frisörläden.

Mir gefiel Zürich und der Charme der Innenstadt, die durch die Limmat und den Züricher See einen luftig frischen Charakter besitzt. Mein Weg führte mich weiter zum Grossmünster, einem der Wahrzeichen Zürichs, und weiter zum Sechseläutenplatz, an der sich direkt nebem dem Züricher See die Oper befindet. Das sonnige Wetter – der Nebel hatte sich mittlerweile verzogen – ließ mich in einem Café auf dem Platz rasten und zwar bei einem unglaublich teuren – aber mir durchaus mundenden – Espresso Macchiato für 7 Schweizer Franken. Die Westseite der Limmat, die ich danach besuchte, war ebenso sehenswert: Man findet dort die Haupteinkaufsstraße Zürichs – die Bahnhofsstraße – mit ihren unglaublich teuren Bekleidungsgeschäften, sowie den Lindenhof, von wo aus man erneut einen hübschen Blick auf die Dächer der Stadt hat.
Nachdem ich mit einer Flasche „Rivella“ als Andenken an Schweizerische Limonadenbraukunst aus Kindheitstagen („mit Molke – aber vor allem süß!“) ausgerüstet war, setzte ich meine Reise fort – denn im Rahmen meiner Planung hatte ich beschlossen, nicht im unglaublich teuren Zürich zu übernachten, sondern weiter nach Mailand zu fahren. Die Gegend wurde zunächst rasch hügeliger, dann bergig, und die Bahnroute verlief malerisch entlang des Zuger und des Vierwaldstätter Sees. Während ich mich noch ein paar Tage zuvor gefreut hatte, auf der Fahrt einen Blick auf viele verschneite Gipfel und Skipisten zu bekommen, so stellte sich später heraus, dass meine Route nicht durch die Alpen, sondern hauptsächlich unter ihnen entlang führen sollte, nämlich durch den Gotthard-Basistunnel, mit 57 km Länge der längste Eisenbahntunnel der Welt. Er wurde erst 2016 fertig gestellt und eignet sich offenbar dazu, mit hoher Geschwindigkeit durchfahren zu werden. So beschleunigte der IC fast schon einem Flugzeug gleich beim Weg schräg auf eine Bergwand zu, um dann anschließend für 20 Minuten mit vom Fahrtwind vibrierenden Scheiben und knackenden Wänden mit knapp 200 Sachen durch das Gotthard Massiv hindurch zu rasen – beeindruckend!
In Lugano erwischte ich rennend meinen Anschlusszug und befuhr gegen 17:30 Uhr wieder EU-Gebiet, so dass ich endlich unbesorgt die Datenroamingfunktion meines Handys aktivieren konnte. Eine knappe Stunde später erreichte ich Mailand. Der Blick auf blinkende Banken-Hochhäuser während meines Fußwegs zum Hotel vergegenwärtigte mir, dass Mailand groß ist und quasi das Frankfurt (Nord-)italiens sein könnte, genauso wie zuvor Zürich das Frankfurt der Schweiz hätte sein können. Nun ja, nach diesen eher naiven erdkundlichen Überlegungen und zwei kurzen Saunagängen in der „Sauna-Telefonzelle“ des Hotels machte ich mich auf den Weg zu einem Restaurant in der Umgebung und landete aufgrund besetzter Tische… beim Chinesen. Ich entschied mich im Gegensatz zu meinem letzten Besuch eines asiatischen Restaurants in Mailand im Rahmen einer Dienstreise 2012 gegen „Fried Frog Legs“ – sie wurden auch hier angeboten, aber mittlerweile wusste ich schon, dass sie nach Hühnchen schmecken.