Schon komisch, wie schnell ich die erste Station meiner Osteuropareise wieder verlassen musste. Eigentlich war es ja auch nur gut ein Tag, den ich in Warschau zur Verfügung hatte. Jedenfalls fuhr um 10:30 Uhr mein Intercity vom Hauptbahnhof in Richtung Krakau, meinem zweiten Stopp. Der Blick während der Fahrt aus dem Fenster war nicht sonderlich spektakulär – alles sah so aus wie bei einer Fahrt durch Niedersachsen oder Brandenburg: Flaches Land, ein paar Wäldchen, ein paar Rehe, ein paar Trecker, ein paar einfache Häuser. Nur, dass gefühlt der Anteil an Wald höher ist als in Deutschland… das würde natürlich auch dazu passen, dass die im Herbst bei uns angebotenen Waldpilze häufig aus Polen stammen.
Ich hatte schon vorher im Internet gelesen, dass der alte Hauptbahnhof „Kraków Główny“ mittlerweile stillgelegt wurde und durch einen neuen, unterirdischen Bahnhof nebenan ersetzt wurde, mit angrenzendem Shopping-Center. Tatsächlich fand sich also auch in Krakau gleich wieder eine „Hamburger Meile“ (H&M, C&A, Rossmann, Peek&Cloppenburg, …). Der Weg von dort zur Altstadt ist allerdings kurz, und die Altstadt ist tatsächlich beeindruckend groß, vor allem der gigantisch große Marktplatz, umsäumt von einer alten Kirche (von der aus stündlich ein Trompeter eine Fanfare spielt), zwei weiteren alten Türmen und den Krakauer Tuchhallen mitten auf dem Platz.

Leider war es in Krakau nicht mehr so sonnig wie in Warschau, was sich natürlich immer auf die Atmosphäre, auch die der Fotos, niederschlägt. Da es aber nicht regnete, führte mich mein Weg zum südlichen Punkt der Altstadt mit der an der Weichsel gelegenen Festung „Wawel“ und zurück. Wieder am Marktplatz angekommen wurde mir in einem Café deutlich, dass die Abfahrt meines Nachtzuges vom Bahnhof um 22:00 Uhr doch ganz schön spät ist und ich noch viel Zeit übrig hatte. Bisher hatte ich noch immer nicht die pdf-Reiseführer auf mein Handy gebracht, und so wurde ich nur aufgrund der Aufschriften von E-Cabrios Marke „City Tour Cars“ darauf aufmerksam, dass sich in Krakau Schindlers Emmaillefabrik befand, die im Film „Schindlers Liste“ eine zentrale Rolle spielte und in der Schindler während der Nazizeit viele Juden als Arbeiter einsetzte und so vor dem Tod rettete. Und da mich meine kommende Fahrt im Nachtzug durch Auschwitz führen sollte, hatte ich das Bedürfnis und auch Interesse, das Schindler-Museum in der ehemaligen Fabrik zu besuchen. Da ich noch so viel Zeit hatte, bin ich den Weg dorthin zu Fuß gegangen, und kam um kurz vor 17:00 Uhr am Museum an. Das verkaufte allerdings keine Karten mehr mit der Begründung, eine Stunde bis zur Schließzeit um 18:00 Uhr sei zu wenig, die letzten Karten würden 90 Minuten vorher ausgegeben. Ich war also gut 20 Minuten zu spät. Leider ließ sich daran auch durch bitten nichts ändern, so dass ich dann ein an der Weichsel in die Altstadt zurückgegangen bin und beschlossen habe, den Film mal wieder zu sehen.

Die vier Stunden bis zur Abfahrt des Zuges vergingen dann doch recht schnell, und nach meiner vergeblichen Suche nach einer „Krakauer“-Bratwurst, die es in Krakau nicht zu geben scheint, bin ich schließlich nach 13 Jahren mal wieder in einen Nachtzug eingestiegen, dessen Route nach Budapest durch Tschechien und die Slowakei die Zahl der von mir besuchten Länder während meiner gesamten Reise tatsächlich auf sechs steigen ließ, obwohl ich nur drei so richtig besuche.
