Nun endlich angekommen und vom vielen Sitzen in Bus und Bahn in den letzten zwei Tagen schon ein wenig eingerostet, entschloss ich mich heute morgen für einen Aufstieg auf den Hausberg Vidikovac, denn Sarajevo liegt im Dinarischen Gebirge. Ich erinnerte mich auf meinem Fußmarsch an ähnliche Begebenheiten vor zwei Jahren in Skopje und Sofia – auch dort lag der von mir erwandert werden wollende Hausberg jeweils im Süden der Stadt. Vielleicht lag die ähnliche Atmosphäre aber auch am ähnlichen Wetter mit ein wenig Sonne und, weiter oben, ein paar Schneeresten.
Nach einem teils steilen Aufstieg kurz vor der Bergstation der Seilbahn, die entgegen meiner Erwartungen sogar in Betrieb war, traf ich auf die Ruinen der Bobbahn der Olympischen Winterspiele 1984, die sich durch den waldigen Berghang schlängelt und auf der man mittlerweile entlang spazieren und die Graffitibemalungen bewundern kann.

Von oben hatte ich einen schönen aber auch ein wenig trüben Ausblick auf die langgezogene Stadt im Tal. Der Schnee, auf den ich oben traf, war in diesem Winter tatsächlich der einzige, den ich erleben konnte, mal abgesehen von dem in der Skihalle Wittenburg ein paar Wochen zuvor. Entgegen meiner Erwartung gab es an der Bergstation der Seilbahn kein gemütliches Café, sondern nur einen Snack-Tresen zwischen den Toiletten und dem Einstiegsbereich der Gondeln, so dass ich mich nach einer kurzen Pause wieder zu Fuß bergab auf den Rückweg machte und bald auf kleine Sträßchen am Berghang gelangte, die von einfach gebauten Häusern gesäumt wurden, oft ohne Putz, aber mit rauchenden Kaminen, Holzstapeln an den Wänden und unter anderem bewohnt von jeder Menge Katzen, die mich teils ein Stückchen begleiteten.
Was mich ebenfalls an Skopje und Sofia einnerte, waren die gleichberechtigt existierenden Moscheen und Kirchen. Um kurz vor 12:00 Uhr, eine halbe Stunde nach meinem Start vom Hotel, ertönten Kirchenglocken und Muezzine gleichzeitig! Da ich während meiner Schulzeit noch nicht sonderlich an Geschichte interessiert war, las ich erst gestern während meiner Busfahrt ein paar Dinge über die Vergangenheit Jugoslawiens. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Bosnien/Herzegowina, Serbien, Montenegro und Albanien noch gut 200 Jahre länger Teil des Osmanischen Reichs waren als beispielsweise Kroatien und Ungarn… das ist nicht wenig, wenn man an die Zeitspanne vom Ende des Mittelalters bis heute denkt, und erklärt einige noch heute existierenden Unterschiede zwischen den heutigen Balkanländern. Kurz vor dem Ende meines Abstiegs zurück in das Stadtzentrum konnte ich bei einem Ausblickspunkt tatsächlich 23 Minarette auf ein Mal sehen. Ich glaube, soviel zählte ich noch nicht einmal von unserem Hotel damals 2015 am Goldenen Horn in Istanbul.
Wieder unten angekommen, spazierte ich entlang des Miljacka-Flusses und anschließend durch die Haupteinkaufsstraße Ferhadija mit Filialen von Swarowski, Benetton, Orsay und anderen bekannten Marken. Sie endete dann abrupt und führte unter dem Namen Sarači weiter durch die osmanisch geprägte historische Altstadt. Schon spannend, wie zwei Kulturen im Stadtbild so räumlich aufeinander treffen. Ebenso angetan war ich davon, dass im Café Divan, in das ich für einen Bosnischen Kaffee einkehrte, viele junge Menschen aus offensichtlich unterschiedlichen Kulturen so vollkommen durchmischt waren. Wäre schön, wenn das doch überall so klappen würde.

Wieder im Hotel angekommen, erfuhr ich, dass die Benutzung der Sauna über 20 Euro extra kostet, und ich beschloss, auf sie zu verzichten, sondern stattdessen „nur“ den Pool zu besuchen. Der war eher sportlich temperiert und um sich richtig warm zu schwimmen, war er zu kurz. Ich nutze die Gelegenheit trotzdem, drehte ein paar Ründchen und kehrte später anschließend in ca. 500 m Entfernung vom Hotel in das zur städtischen Brauerei gehörende Restaurant zum Abendessen ein.