Mein erster Tag dieser Reise ohne zu reisen sollte ein sonniger sein – Mailand befand sich heute ausschließlich unter blauen Himmel und es herrschten angenehme frühlingshafte Temperaturen. Hatte ich gestern noch auf U-Bahn-Plänen herausgefunden, wie ich zu welcher Sehenswürdigkeit per Metro fahren könnte, startete ich vormittags einfach zu Fuß. In der Tat lag mein erstes Ziel, der Mailänder Dom, näher als gedacht. Zudem führte mich mein Weg dorthin durch nette Einkaufsstraßen und einen kleinen Park.
Auf dem Domplatz angekommen, fühlte ich mich ein wenig an den Markusplatz in Venedig erinnert. Allerdings gab es hier neben sehr vielen Touristen deutlich mehr Tauben. Ich wollte mich an die Sightseeing-Tipps aus dem Internet halten und den Dom von innen und oben besichtigen. Auf dem Weg in Richtung Ticket-Office erspähte ich dann mehrere Hinweisschilder mit QR-Codes, die auf die Möglichkeit hinwiesen, die Tickets online zu buchen. Aufgrund der von weitem sichtbaren langen Schlange vor den Ticketschaltern zückte ich mein Handy und sah, dass es erst nachmittags um 16:00 Uhr noch freie Plätze gab.

Insofern schlenderte ich nach einem erfolgreich abgeschlossenen Buchvorgang weiter durch die Innenstadt gen Süden und genoss das unterschiedliche Flair der Quartiere, das von mondän über touristisch bis hin zu alternativ reichte. Mein Ziel waren nun die Navigli, ein paar Kanäle ähnlich denen in Venedig, nur ohne Lagune, an denen ich pausieren wollte. In der Tat wirkten die Wege links und rechts des Naviglio Grande mit ihren Brückchen und zahllosen angrenzenden Cafés und Restaurants so, als wollten Sie einem Venedig ein wenig näher bringen. Bei einem Espresso Macchiato in der Sonne plante ich den Rest des Tages: Ich wollte zunächst weiter zur Kirche „Santa Maria delle Grazie“ gehen und dann zum Parco Sempione, in dem ich die alte Festung „Castello Sforzesco“ besuchen wollte – um dann rechtzeitig zum Dom zurückzukehren.
An der Kirche angekommen, fand ich heraus, dass auch hier Eintrittskarten nur mit einem Zeitfenster gebucht werden konnten. Das nächste freie offenbarte sich mir für den 23. März – insofern habe ich nun nicht Leonardo Da Vincis Meisterwerk „Das Abendmahl“ an der Nordwand eines an die Kirche angrenzenden Klostergebäudes sehen können. Ich habe mir die Wand stattdessen im Vorbeigehen intensiv von außen angeschaut und werde mir die andere Seite mit meiner VR-Brille ohne Wartezeit in Ruhe und bestimmt in 3D von zu Hause aus ansehen können.
Im Parco Sempione angekommen, erspähte ich einen mir vorher noch unbekannten Aussichtsturm und ich änderte meinen Plan zugunsten eines Turmbesuchs. Nachdem mehrere Eingänge zum Gelände mit Ketten verschlossen waren, fand ich aber doch noch den Haupteingang zum „Torre Branca“ (ja, er hat laut Internet etwas mit Fernet Branca zu tun). Auch hier warteten viele Touristen auf eine Auffahrt und der Mitarbeiter an der Kasse pflegte auf einem Zettel eine Liste mit Zeitfenstern. Ich hatte aber Glück und konnte den Platz im Aufzug um 15:00 Uhr einer nicht erschienenen Partei übernehmen. Ich wurde dann zwar vergessen und bin erst gegen 15:20 Uhr hinaufgelangt, aber der Blick auf die Stadt bei Sonne hat sich dennoch gelohnt.
Um 16:00 Uhr stand ich dann in der zu meinem Zeitslot passenden Schlange für den Besuch des Mailänder Doms an. Vor dem Betreten des Gebäudes musste an einem Security-Tisch meinen Rucksack öffnen. Eine Mitarbeiterin zeigte auf ein von mir versehentlich nicht geöffnetes Fach und fragte mich allen Ernstes: „Is there a knife in there?“. Mit meinem „No“ war sie zufrieden… ein wenig beängstigend.
Innen angekommen, war ich war wirklich beeindruckt von der imposanten Größe des Domes und kann mich bis auf „Sagrada Familia“ nicht an ein ähnlich gewaltiges Kirchenschiff erinnern – mein letzter Besuch des Kölner Doms liegt allerdings auch schon viele Jahre zurück. Nach einer Viertelstunde erfuhr ich zufällig, dass ich meinen Besuch um 16:00 Uhr an einem separaten Eingang zum Dach hätte beginnen müssen, aber dort wurde ich ohne Probleme hineingelassen, trotz fortgeschrittener Zeit. Auch der Tipp aus dem Internet, das Dach des Domes zu besichtigen, war ein Treffer, denn die Nähe zu den gotischen Ornamenten auf dem Dach bei Abendsonne war mindestens genauso imposant wie der Eindruck im Inneren des Doms.

Nach dem Rückmarsch zum Hotel wollte ich nach einer kurzen Wellnesspause die Gelegenheit nutzen, zum Abendessen ein wirklich typisches Mailänder Gericht zu finden. Ich landete bei einer gemütlichen italienischen Osteria, die allerdings fest in asiatischer Hand lag und deren Speisekarte immerhin „Cotoletta Milanaise“ listete, als Alternative zu „Piccata Milanaise“. Das Kotlett stellte sich allerdings als ein Resultat erfolgreichen Lebensmittel-Engineerings heraus: Ich fand auf meinem Teller ein riesiges paniertes Schnitzel Wiener Art vor, was irgendwie an einen Knochen angedockt war. Die Form und selbst Muster auf der Panade sah exakt so aus wie das des Gastes am Nachbartisch. Irgendwie fand ich das chinesische Essen am Tag zuvor besser.

















