05.03.2023: Mailand

Mein erster Tag dieser Reise ohne zu reisen sollte ein sonniger sein – Mailand befand sich heute ausschließlich unter blauen Himmel und es herrschten angenehme frühlingshafte Temperaturen. Hatte ich gestern noch auf U-Bahn-Plänen herausgefunden, wie ich zu welcher Sehenswürdigkeit per Metro fahren könnte, startete ich vormittags einfach zu Fuß. In der Tat lag mein erstes Ziel, der Mailänder Dom, näher als gedacht. Zudem führte mich mein Weg dorthin durch nette Einkaufsstraßen und einen kleinen Park.

Auf dem Domplatz angekommen, fühlte ich mich ein wenig an den Markusplatz in Venedig erinnert. Allerdings gab es hier neben sehr vielen Touristen deutlich mehr Tauben. Ich wollte mich an die Sightseeing-Tipps aus dem Internet halten und den Dom von innen und oben besichtigen. Auf dem Weg in Richtung Ticket-Office erspähte ich dann mehrere Hinweisschilder mit QR-Codes, die auf die Möglichkeit hinwiesen, die Tickets online zu buchen. Aufgrund der von weitem sichtbaren langen Schlange vor den Ticketschaltern zückte ich mein Handy und sah, dass es erst nachmittags um 16:00 Uhr noch freie Plätze gab.

Fast wie in Venedig: Kanäle in Mailand

Insofern schlenderte ich nach einem erfolgreich abgeschlossenen Buchvorgang weiter durch die Innenstadt gen Süden und genoss das unterschiedliche Flair der Quartiere, das von mondän über touristisch bis hin zu alternativ reichte. Mein Ziel waren nun die Navigli, ein paar Kanäle ähnlich denen in Venedig, nur ohne Lagune, an denen ich pausieren wollte. In der Tat wirkten die Wege links und rechts des Naviglio Grande mit ihren Brückchen und zahllosen angrenzenden Cafés und Restaurants so, als wollten Sie einem Venedig ein wenig näher bringen. Bei einem Espresso Macchiato in der Sonne plante ich den Rest des Tages: Ich wollte zunächst weiter zur Kirche „Santa Maria delle Grazie“ gehen und dann zum Parco Sempione, in dem ich die alte Festung „Castello Sforzesco“ besuchen wollte – um dann rechtzeitig zum Dom zurückzukehren.

An der Kirche angekommen, fand ich heraus, dass auch hier Eintrittskarten nur mit einem Zeitfenster gebucht werden konnten. Das nächste freie offenbarte sich mir für den 23. März – insofern habe ich nun nicht Leonardo Da Vincis Meisterwerk „Das Abendmahl“ an der Nordwand eines an die Kirche angrenzenden Klostergebäudes sehen können. Ich habe mir die Wand stattdessen im Vorbeigehen intensiv von außen angeschaut und werde mir die andere Seite mit meiner VR-Brille ohne Wartezeit in Ruhe und bestimmt in 3D von zu Hause aus ansehen können.

Im Parco Sempione angekommen, erspähte ich einen mir vorher noch unbekannten Aussichtsturm und ich änderte meinen Plan zugunsten eines Turmbesuchs. Nachdem mehrere Eingänge zum Gelände mit Ketten verschlossen waren, fand ich aber doch noch den Haupteingang zum „Torre Branca“ (ja, er hat laut Internet etwas mit Fernet Branca zu tun). Auch hier warteten viele Touristen auf eine Auffahrt und der Mitarbeiter an der Kasse pflegte auf einem Zettel eine Liste mit Zeitfenstern. Ich hatte aber Glück und konnte den Platz im Aufzug um 15:00 Uhr einer nicht erschienenen Partei übernehmen. Ich wurde dann zwar vergessen und bin erst gegen 15:20 Uhr hinaufgelangt, aber der Blick auf die Stadt bei Sonne hat sich dennoch gelohnt.

Um 16:00 Uhr stand ich dann in der zu meinem Zeitslot passenden Schlange für den Besuch des Mailänder Doms an. Vor dem Betreten des Gebäudes musste an einem Security-Tisch meinen Rucksack öffnen. Eine Mitarbeiterin zeigte auf ein von mir versehentlich nicht geöffnetes Fach und fragte mich allen Ernstes: „Is there a knife in there?“. Mit meinem „No“ war sie zufrieden… ein wenig beängstigend.

Innen angekommen, war ich war wirklich beeindruckt von der imposanten Größe des Domes und kann mich bis auf „Sagrada Familia“ nicht an ein ähnlich gewaltiges Kirchenschiff erinnern – mein letzter Besuch des Kölner Doms liegt allerdings auch schon viele Jahre zurück. Nach einer Viertelstunde erfuhr ich zufällig, dass ich meinen Besuch um 16:00 Uhr an einem separaten Eingang zum Dach hätte beginnen müssen, aber dort wurde ich ohne Probleme hineingelassen, trotz fortgeschrittener Zeit. Auch der Tipp aus dem Internet, das Dach des Domes zu besichtigen, war ein Treffer, denn die Nähe zu den gotischen Ornamenten auf dem Dach bei Abendsonne war mindestens genauso imposant wie der Eindruck im Inneren des Doms.

Wirklich beeindruckend: Auf dem Dach des Doms von Mailand entlanglaufen

Nach dem Rückmarsch zum Hotel wollte ich nach einer kurzen Wellnesspause die Gelegenheit nutzen, zum Abendessen ein wirklich typisches Mailänder Gericht zu finden. Ich landete bei einer gemütlichen italienischen Osteria, die allerdings fest in asiatischer Hand lag und deren Speisekarte immerhin „Cotoletta Milanaise“ listete, als Alternative zu „Piccata Milanaise“. Das Kotlett stellte sich allerdings als ein Resultat erfolgreichen Lebensmittel-Engineerings heraus: Ich fand auf meinem Teller ein riesiges paniertes Schnitzel Wiener Art vor, was irgendwie an einen Knochen angedockt war. Die Form und selbst Muster auf der Panade sah exakt so aus wie das des Gastes am Nachbartisch. Irgendwie fand ich das chinesische Essen am Tag zuvor besser.

Laut Speisekarte ist das rechts im Bild ein typisches Mailänder Kotlett – ich wage das zu bezweifeln.
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04.03.2023: Zürich – Mailand

Trotz guter Federung bleibt ein Nachtzug nunmal ein Nachtzug – und ich persönlich kann in einem nicht rollenden Bett besser schlafen. So war für mich die Nacht um 06:30 Uhr entgültig zu Ende, als mein Zug gerade in Offenburg hielt. Die dann folgende Strecke führte westlich des Schwarzwalds entlang, über dem sich hartnäckig Nebelbänke hielten. Auch nach dem Verlassen der EU und einem längeren Aufenthalt auf einem Rangiergleis nahe Basel aufgrund eines anstehenden Lokwechsels, schaffte es die Sonne noch nicht ganz, sie zu vertreiben. Ein durchaus passables Frühstück, das mir in mein Abteil gereicht wurde, reichte mir als Entschädigung.

Welch ein Kontrast: Weißer Nebel über dem Schwarzwald

Als ich gegen 10:00 Uhr Zürich erreichte, freute ich mich erneut über die Tatsache, dass Bahnhöfe im Gegensatz zu Flughäfen in der Regel sehr zentral liegen. So fuhr ich ca. 10 Minuten nach Verlassen des Zuges und nach Verschließen meines Koffers in der Gepäckaufbewahrung bereits einige Straßen weiter mit der historischen „Polybahn“ einen Hügel hinauf zur Aussichtsterrasse der ehrwürdigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Nach einer Fotopause führte mich mein Weg wieder hinunter in die Altstadt durch kleine Gassen und entlang niedlicher Geschäfte und unglaublich teurer Frisörläden.

Fast schon maritim: Die Züricher Innenstadt an der Limmat.

Mir gefiel Zürich und der Charme der Innenstadt, die durch die Limmat und den Züricher See einen luftig frischen Charakter besitzt. Mein Weg führte mich weiter zum Grossmünster, einem der Wahrzeichen Zürichs, und weiter zum Sechseläutenplatz, an der sich direkt nebem dem Züricher See die Oper befindet. Das sonnige Wetter – der Nebel hatte sich mittlerweile verzogen – ließ mich in einem Café auf dem Platz rasten und zwar bei einem unglaublich teuren – aber mir durchaus mundenden – Espresso Macchiato für 7 Schweizer Franken. Die Westseite der Limmat, die ich danach besuchte, war ebenso sehenswert: Man findet dort die Haupteinkaufsstraße Zürichs – die Bahnhofsstraße – mit ihren unglaublich teuren Bekleidungsgeschäften, sowie den Lindenhof, von wo aus man erneut einen hübschen Blick auf die Dächer der Stadt hat.

Nachdem ich mit einer Flasche „Rivella“ als Andenken an Schweizerische Limonadenbraukunst aus Kindheitstagen („mit Molke – aber vor allem süß!“) ausgerüstet war, setzte ich meine Reise fort – denn im Rahmen meiner Planung hatte ich beschlossen, nicht im unglaublich teuren Zürich zu übernachten, sondern weiter nach Mailand zu fahren. Die Gegend wurde zunächst rasch hügeliger, dann bergig, und die Bahnroute verlief malerisch entlang des Zuger und des Vierwaldstätter Sees. Während ich mich noch ein paar Tage zuvor gefreut hatte, auf der Fahrt einen Blick auf viele verschneite Gipfel und Skipisten zu bekommen, so stellte sich später heraus, dass meine Route nicht durch die Alpen, sondern hauptsächlich unter ihnen entlang führen sollte, nämlich durch den Gotthard-Basistunnel, mit 57 km Länge der längste Eisenbahntunnel der Welt. Er wurde erst 2016 fertig gestellt und eignet sich offenbar dazu, mit hoher Geschwindigkeit durchfahren zu werden. So beschleunigte der IC fast schon einem Flugzeug gleich beim Weg schräg auf eine Bergwand zu, um dann anschließend für 20 Minuten mit vom Fahrtwind vibrierenden Scheiben und knackenden Wänden mit knapp 200 Sachen durch das Gotthard Massiv hindurch zu rasen – beeindruckend!

In Lugano erwischte ich rennend meinen Anschlusszug und befuhr gegen 17:30 Uhr wieder EU-Gebiet, so dass ich endlich unbesorgt die Datenroamingfunktion meines Handys aktivieren konnte. Eine knappe Stunde später erreichte ich Mailand. Der Blick auf blinkende Banken-Hochhäuser während meines Fußwegs zum Hotel vergegenwärtigte mir, dass Mailand groß ist und quasi das Frankfurt (Nord-)italiens sein könnte, genauso wie zuvor Zürich das Frankfurt der Schweiz hätte sein können. Nun ja, nach diesen eher naiven erdkundlichen Überlegungen und zwei kurzen Saunagängen in der „Sauna-Telefonzelle“ des Hotels machte ich mich auf den Weg zu einem Restaurant in der Umgebung und landete aufgrund besetzter Tische… beim Chinesen. Ich entschied mich im Gegensatz zu meinem letzten Besuch eines asiatischen Restaurants in Mailand im Rahmen einer Dienstreise 2012 gegen „Fried Frog Legs“ – sie wurden auch hier angeboten, aber mittlerweile wusste ich schon, dass sie nach Hühnchen schmecken.

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03.03.2023 Hamburg – Zürich

Es ist schon seltsam, sich mal wieder per Bahn durch Europa zu bewegen – das vorherige Mal tat ich es zu Beginn der Corona-Zeit und nun, drei Jahre später, an deren Ende. Mein Ziel, alle Länder Europas zu bereisen, werde ich in diesem Jahr wahrhaftig nicht erreichen: Es fehlen neben den baltischen und den Zwergstaaten noch Norwegen, Luxemburg, Malta, Albanien (in das ich 2020 wegen geschlossener Grenzen aus Montenegro nicht mehr einreisen durfte), der Kosovo, Moldavien, Belarus und die Ukraine. Mit ihr hatte ich bei meiner ersten Tour 2015 geliebäugelt, entschied mich dann allerdings, von Warschau über Krakau nach Budapest zu reisen. Vielleicht war das ein Fehler, denn nun ist mein Ziel vermutlich erst mal in weite Ferne gerückt.

Stattdessen wird mich meine Route in diesem Jahr eher in Richtung Südwesten bringen – geradezu langweilig, denn erstens bin ich in allen Staaten, durch die sie mich führen wird, bereits gewesen und zweitens kann man mit nur einer Ausnahme überall in Euro bezahlen… wobei auch das natürlich eine rückschrittliche Feststellung ist, denn einer elektronischen Bezahlung mit Karte oder Handy ist die Währung nun mal egal. Ich werde offenbar alt.

Nach einem recht arbeitsintensiven Tag packte ich, während ich auf Berechnungen meines Computer wartete, kurz meinen Koffer und habe anschließend den Beginn der Ferien mit dem Rest der Familie im „Westwind“ nahe des Hamburger Hauptbahnhofs verbracht. Um 22:07 Uhr fuhr dann der Nachtzug der Österreichischen Bundesbahn in Richtung Zürich ab und zwar in der Wagenreihung, die auf dem Wagenstandsanzeiger gezeigt wurde und nicht in der, die auf der elektronischen Anzeige zu sehen war und an der wir uns wie viele andere orientiert haben. Nach der Einfahrt des Zuges entstand also erstmal hektisches Gedränge auf dem Bahnsteig. Mein Schlafwagenabteil erwies sich als das fortschrittlichste, in dem ich bisher nachts gereist bin. Es war zwar klein, aber nicht eng. Es hatte ein Panoramafenster und eine gute Wagenfederung. Ein guter Start.

So lässt es sich reisen: Der Sekt von der ÖBB steht auch schon da

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15.03.2020: Kotor – Hamburg

Am Vortag spät abends, nach Verfolgen der sich fast täglich ändernden aktuellen nationalen Reiseregelungen, fasste ich den Entschluss, meine Reise am heutigen Tag zu beenden und nicht noch die Hauptstadt Montenegros Podgorica für ein, zwei Tage zu besuchen. Ich ging nämlich davon aus, dass die Ausreise von Montenegro über Österreich in einigen wenigen Tagen durch eingeschränkte Flugverbindungen auch nicht mehr möglich sein würde, und wer weiß, wie schnell neue Covid-19 Fallzahlen zum Wochenbeginn einen Stopp beschleunigten.

Kotor Stadtbild bei Regen und ohne viele Menschen

Morgens im leeren Frühstückscafé buchte ich also einen Flug nach Hamburg für den heutigen Nachmittag über Wien, aber ohne stundenlang mit dem Call-Center von Austrian Airlines zu telefonieren, sondern erstmal durch einfaches draufzahlen. Ebenso beschloss ich auf Nummer sicher zu gehen und mit dem Taxi direkt zum Flughafen zu fahren und nicht erst mit dem Bus bis ins Zentrum Podgoricas und anschließend mit einem Taxi zum Flughafen. Vorher hatte ich noch ein wenig Zeit für einen Bummel durch Kotor bei Tageslicht, aber die Stadt war quasi ausgestorben, das Museum hatte wegen Umbauarbeiten geschlossen und so besuchte ich nur kurz ein paar langweilige Souvenirläden mit gelangweilten Verkäuferinnen und die serbisch-orthodoxe Kirche Sankt-Nikolas, in der wenig später ein Gottesdienst stattfinden sollte. Entsprechend betraten während meines Aufenthalts einige Gläubige das Gebäude und, das gehört wohl zum Ritual, bekreuzigten sich vor Bildern mehrerer Heiligen und küssten sie nacheinander auf die gleiche Stelle – in einigen Ländern derzeit undenkbar.

In der Orthodoxen Sankt-Nikolas Kirche

Ich dachte ein wenig schwermütig über die kommenden Wochen in Deutschland mit drohenden landesweiten Ausgangsbeschränkungen nach, denn meiner Auffassung nach stellt sich eigentlich nicht mehr die Frage, ob, sondern eher wann das lokal passieren wird, und ich hoffte, dass ich mit meiner Annahme diesmal nicht Recht behalten würde. Dabei spazierte ich trotz Regen durch die Stadt und an der Bucht von Kotor entlang, bis meine Schuhe und Hose vom Regen nach einer knappen halben Stunde so durchnässt waren, dass es ungemütlich wurde. Ich konnte also weder drinnen noch draußen etwas Sinnvolles unternehmen und verlegte deshalb meine Taxifahrt vor. Sie verlief an der Adriatischen Küste entlang und ich erspähte durch das Fenster das Städtchen Budva mit malerischer kleiner Altstadt und das Stadtbild dominierenden Hochhäusern. Wenig später wies mich der Fahrer auf Sveti Stefan hin, einem Örtchen mit Strand und einer niedlichen Altstadt auf einem kleinen vorgelagerten Felsen. Kurz vor Erreichen des Flughafens überquerten wir dann auf einer Brücke den Skutarisee, der die Grenze nach Albanien markiert und an dem man laut meines Taxifahrers gut Fisch essen kann.

Bei Sonnenschein wäre meine Fahrt mit Sicherheit deutlich eindrucksvoller gewesen, aber die Gegend sah trotzdem reizvoll aus. Wer weiß, vielleicht ergibt sich ja mal die Gelegenheit für einen längeren Sommerurlaub, während dessen ich dann auch endlich Albanien besuchen könnte.

Mein Rückflug ging dann über Sarajevo, Banja Luka, dass ich nicht besuchen konnte und Zagreb und ich sah so alte Bekannte von oben.

Mein Fazit für meine diesjährige Reise:

  • Das Land Bosnien ist politisch komplizierter und geschichtlich bedeutender als ich dachte
  • Montenegro hat noch eine große touristische Zukunft vor sich
  • Reisen per Nachtzug sollte noch üblicher werden
  • Für mich lohnt sich ein Fünfsternehotel nicht wirklich
  • Das Ende meiner Reise hatte ich mir anders vorgestellt
  • Die Busfahrzeiten auf unseriös wirkenden Internetseiten stimmten auf meiner Reise immer
  • Die Sauna in Mostar war die beste

 

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14.03.2020: Kotor

Der heutige Tag war einer, auf den ich mich eigentlich schon seit Hamburg gefreut hatte: Ich wollte im Rahmen einer ausgedehnten Wanderung die angrenzende alte byzantinische Festung erklimmen, um einen Blick auf die Bucht von Kotor zu genießen, dem „südlichsten Fjord Europas“.

Da war ich erst nachmittags: Blick auf die Bucht und die Altstadt von Kotor – leider bei grauem Himmel und Nieselregen

Nach dem Frühstück verbrachte ich allerdings ganze zwei Stunden erfolglos in meinem Hotelzimmer damit, meinen Rückflug umzubuchen, während ich aus dem Fenster der Sonne sehen zusehen konnte, wie sie langsam hinter Wolken verschwand. Während ich erst anderthalb Stunden lang im Telefonat mit Austrian Airlines einen kurzen Ausschnitt aus „An der schönen blauen Donau“ wieder und wieder in der Warteschleife hörte, fand ich nebenbei über die Internetseite des ARD-Studios in Wien heraus, dass ich meine bisherige Reise jetzt, sieben Tage nach ihrem Beginn, so nicht mehr hätte durchführen können: In Bosnien hätte mich mittlerweile eine 14-tägige Quarantäne erwartet. Die gestrige Grenzschließung nach Albanien hat außerdem dafür gesorgt, dass ich in Tirana nicht in einer ausgestorbenen Stadt hätte verweilen müssen, denn der Busverkehr ist eingestellt, Cafés und Restaurants sind geschlossen.

Laut der Internetseite von Austrian Airlines gibt es aufgrund der aktuellen Lage eine erweiterte Möglichkeit für Umbuchungen in allen Tarifklassen, die für bereits gebuchte Flüge auch Streckenänderungen zulässt, soviel hatte ich herausgefunden und das passte exakt zu meiner Situation. Deswegen geduldete ich mich auch brav weiter, bis sich endlich ein freundlicher Mensch vom Call-Center meldete und sich mein Anliegen anhörte. Er musste sich im Verlauf des Gesprächs drei Mal mit seiner Vorgesetzten absprechen und nannte anschließend stets andere Gründe, warum eine Umbuchung in meinem Fall nicht möglich sei: Zuerst behauptete er, die Flugstrecke dürfe bei einer Umbuchung nicht geändert werden – woraufhin ich ihm meine Informationen direkt von der Internetseite seiner Firma vorlas. Nach der zweiten Rücksprache gab er den Grund an, meine Tarifgruppe erlaube solch eine Umbuchung nicht – woraufhin ich ihm erneut die Informationen von der Internetseite seiner Firma vorlas. Nach der dritten Rücksprache berichtete er mir, seine Vorgesetzte würde sich an die ihr vorliegenden Kulanzregelungen halten und nicht an die im Internet veröffentlichten, die seien offenbar anders und sie hätte für diesen Fall jetzt keine Zeit mehr. Ich sollte bitte eine Beschwerde schreiben. Mein Gesprächspartner konnte nun wirklich nichts für das unbefriedigende Ergebnis meines Anrufs, zumal er mir versicherte, er würde meine Position absolut nachvollziehen können. Mit der Vorgesetzten hätte ich aber meinen Fall gerne mal direkt geklärt, aber das ist in den Austrian Airlines-internen Prozessen nicht vorgesehen.

Ein wenig frustriert beschloss ich aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, mit meiner langersehnten Wanderung zu beginnen. Sie war doch anspruchsvoller als ich dachte und ich war froh, dass sich die Sonne mittlerweile versteckt hatte und der Weg bergauf dadurch nicht noch anstrengender war. Mehrere Aussichtspunkte luden mich jedoch zu einer kurzen Verschnaufs- und Fotopause ein. Am Scheitelpunkt wollte ich eigentlich in ein Café einkehren, aber das hatte geschlossen. So ging ich plangemäß einen leicht anderen Weg wieder zurück und traf nach einiger Zeit endlich auf die Festung, von der aus ich ebenfalls eine tolle Aussicht auf die Bucht hatte – leider bei mittlerweile grauem Himmel und Nieselregen.

Widersprüchliche Hinweise: Ein „Betreten verboten“-Schild direkt neben einer Leiter und einer Markierung des Wanderweges: Durch diese Öffnung in der Festungsmauer musste ich hindurchsteigen, um weiterzukommen

Nach insgesamt 5 Stunden wieder unten angekommen, rastete ich vor dem Weg zurück ins Hotel kurz in einem Café bei einen Espresso. Wieder in meinem Zimmer angekommen, widmete ich mich erneut erfolglos der Flugumbuchung mit dem neuen Plan, die englischsprachige Hotline anzurufen, in der Hoffnung, dass sie die auf englisch verfassten Informationen im Internet vielleicht leichter überzeugen könnten. Aber auch diesmal wurde meine Wartezeit nach jeweils einer Viertelstunde blauer Donau beendet. Eine Fortsetzung folgt am Sonntag.

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13.03.2020: Dubrovnik – Kotor

Dieser Morgen, der in etwa die Hälfte meiner geplanten Bahn-/Busreise markierte, stellte wohl auch ihren Höhepunkt an Exklusivität dar, nämlich in Form einer Nacht in einem Nobelhotel direkt neben der Altstadt Dubrovniks. Schon am vergangenen Abend auf der Suche nach einem netten Restaurant schlich sich immer wieder der Begriff Venedig in meine Gedanken; nur ist die Altstadt Dubrovniks kleiner, nicht ganz so prunkvoll – und natürlich kanallos.

Nach einem Frühstück ohne Kaviar, dafür aber mit Lachs und einer Kellnerin, die spätestens 20 Sekunden nach dem Leeren meines Tellers selbigen ernergisch abräumte, machte ich mich auf den Weg zum Sightseeing. Das Licht am Vormittag ließ mich zunächst zu einem Aussichtspunkt wandern, von dem aus man die Altstadt komplett überblickt – für ein fast perfektes Postkartenmotiv.

Die malerische Altstadt Dubrovniks bei Sonnenschein von oben betrachtet

Anschließend stellte ich fest, dass ich bereits die Hälfte des Weges zum Gipfel des Hausbergs Srđ hinter mir hatte und die verbleibende Zeit es mir erlaubte, ihn bergauf fortzusetzen. Ich genoss die Sonne und den Duft des Meeres und der Kiefern und ich bekam Lust auf einen unbeschwert-gesunden Familien-Sommerurlaub. Oben angekommen, entschied ich mich statt für einen alternativen Wanderweg zurück zur Stadt aus Zeitgründen für eine Fahrt mit der Gondelbahn bergab. Zwei Dinge standen noch auf meinem Plan: (1) Ich wollte unbedingt mit den Füßen ins Mittelmeer und (2) durch die Altstadt bummeln. So spazierte ich zum nahegelegenen Stadtstrand und traf auf ein sich sonnendes Pärchen, das während meiner kurzen Rast ins gefühlt 15 °C kalte Wasser sprang; ich ärgerte mich ein wenig, dass ich meine Badehose nicht mitgenommen hatte, denn einer kurzen Abkühlung wäre ich auch nicht abgeneigt gewesen. Als ich dann wasserfüßig die umliegenden kroatischen Inseln und die Zypressen am Hang betrachtete, stellte ich erneut fest, dass das Mittelmeer und die schönen Orte an seiner Küste doch wirklich etwas Feines für die Menschheit sind.

Wieder in der Altstadt verschlug es mich recht zufällig auch in ein paar Gässchen mit Wohnhäusern abseits der Touristenläden, und erneut dachte ich an Venedig, als ich hörte, wie sich die Einwohner Dubrovniks unterhielten, denn der italienische Singsang in ihrer Art, die kroatische Sprache auszusprechen, klang immer wieder ein wenig nach „Ciao Bella“.

Die malerische Altstadt Dubrovniks bei Sonnenschein von innen betrachtet

Um 15:00 Uhr verließ ich Dubrovnik bereits wieder in einem Minibus mit insgesamt sieben Fahrgästen. Ohne Italiener und Japaner unter ihnen versprach die Fahrt, entspannt zu werden. Diesmal war tatsächlich ich derjenige, der sie verzögerte, sowohl bei der Ausreise aus Kroatien als auch bei der Einreise nach Montenegro. Ich wurde nach dem Datum meiner Abreise aus Deutschland gefragt und nach den von mir bereisten Ländern und ob Italien darunter wäre. Bei meiner Ausreise mussten sich die Grenzpolizisten, alle mit Mundschutz ausgestattet, ein wenig beraten, aber nach ein paar Minuten bekam ich dann meinen Pass zurück. So fuhr ich in das Land, das in der aktuellen JHU COVID-19-Karte den einzigen weißen Fleck in Europa darstellt. Ich tauschte in meinem Portemonnaie meine verbleibenden kroatischen Kunas gegen Euro aus musste erneut ein wenig schmunzeln, dass Montenegro als nicht EU-Land unser Zahlungsmittel verwendet.

Insofern war diese Busfahrt die kürzeste und angenehmste meiner bisherigen Reise und ich erreichte fast pünktlich und bei Tageslicht die schön gelegene Stadt Kotor. In meinem Hotel erfuhr ich dann, dass meine Reise definitiv in Montenegro enden wird: Ursprünglich hatte ich geplant, weiter nach Albanien mit dem Bus zu fahren und von Tirana zurückzufliegen, aber eine Stunde vor meiner Ankunft hat Montenegro die Grenze nach Albanien geschlossen. Mit weiteren Nachrichten, dass bei Philips Homeoffice bis Ende April möglich ist und dass die Schulen Hamburgs mindestens zwei Wochen lang geschlossen bleiben werden, machte ich mich auf dem Weg zum Essen im viel zu leeren Kotor.

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12.03.2020: Mostar – Dubrovnik

Laut Wettervorhersage sollte der heutige Tag der sommerlichste und wärmste mit über 20°C werden. Ich nutzt also vormittags den Sonnenschein und beschloss, den Turm der Franziskanerkirche „Campanile“ zu besuchen, der der höchste freistehende Kirchturm Südosteuropas sein soll.

Dort angekommen, las ich auf einem Hinweisschild, dass er erst ab April regulär geöffnet sein würde, in den Monaten davor sollte man sich im Café „Campanile“ nebenan melden. Tatsächlich griff eine der Damen hinter dem Tresen nach Schilderung meines Anliegens nach einem Handy und meldete sich nach einem kurzen Telefonat bei mir zurück mit dem Hinweis, dass die Eingangstür zum Turm nun offen sei. Sesam-Öffne-Dich, so war es dann auch, und drinnen an der Kasse saß offentlich ein Hausmeister. Auf dem Weg nach oben erfuhr ich von an der Wand angebrachten Informationstafeln, dass die Franziskanerkirche und der Turm während des Bosnienkrieges zerstört und anschließend wieder aufgebaut wurden. Das erklärte auch die Betonbauweise und die Existenz eines Aufzugs.

Von oben hatte man einen schönen Blick auf Mostar. Ich erkannte den Altstadtkern, der mit Abstand am malerischsten schien, denn ein wenig weiter entfernt befand sich die Neustadt aus der kommunistischen Ära mit hässlichen Betonhochhäusern. Mein Weg zurück zum Hotel führte mich am Spanischen Platz vorbei mit einem hübschen alten Gymnasium Mostar durch übliche Wohnviertel und was ich von Bosnien mit Sicherheit in Erinnerung behalten werde, sind die Fassaden, denn waren sie nicht neu verputzt, so zeigte etwa die Hälfte jede Menge Einschusslöcher.

Das Alte Gymnasiums Mostars am Spanischen Platz

Relativ pünktlich fuhr gegen Mittag mein Bus nach Dubrovnik ab und erreichte etwa anderthalb Stunden später den ersten(!) Grenzübergang nach Kroatien: Meiner mobilen Karte entnahm ich, dass die Route drei Grenzübergänge beinhaltete: Zunächst nach Kroatien, dann an der Adria gen Süden über den Bosnischen Meereszugang bei Neum weiter zur kroatischen Enklave um Dubrovnik. Mit im Bus waren zwei Touristinnen aus Japan, die dem Grenzpolizisten berichteten, dass sie seit 10 Tagen durch Europa reisen und es ihnen gut ginge. Offenbar gibt es aber mittlerweile eine neue kroatische Richtlinie, laut derer Einreisende aus Japan auf das Coronavirus getestet werden müssen. Insofern mussten alle Reisenden zweieinhalb Stunden warten, bis ein Arzt eingetroffen war. Das kroatische Grenzpersonal legte zudem Wert darauf, dass wir uns im Bus aufhalten und nicht vor ihm. So floss die Zeit dahin und ich konnte außerhalb des Busses die sonnige Gegend betrachten und innerhalb des Busses das Thermometer, das 22 Grad anzeigte, bis die Sonne des laut Wettervorhersage sommerlichsten Tags (hatte ich das bereits erwähnt?) langsam hinter einem Hügel verschwand. Dann gab es irgendwann Entwarnung, denn die beiden Damen waren negativ getestet worden und um 16:30 Uhr, eine Dreiviertelstunde nach unserer geplanten Ankunftszeit in Dubrovnik, ging es endlich weiter.

Unsere kurze Wartezeit an der kroatischen Grenze außerhalb des Busses, kurze Zeit später wurden wir forsch gebeten, wieder einzusteigen

Im Bus entschuldigten sich die beiden Japanerinnen höflich bei allen und berichteten, es sei lediglich die Temperatur auf der Stirn gemessen wurden und sie mussten ein paar Formulare ausfüllen. Ein Abstrich sein nicht gemacht worden. Und sie erzählten außerdem, dass auf ihrem vorherigen Grenzübergang ein Passagier aus Hong-Kong in Quarantäne geschickt wurde, obwohl er sich vorher einen Monat lang in London aufhielt.

So erreichte ich zwei weitere recht unkomplizierte Grenzübergänge und auch noch einen Buswechsel später nach insgesamt knapp 7 Stunden bzw. schlappen 140 Kilometern endlich den Busbahnhof von Dubrovnik im Dunkeln. In Dubrovnik sollte mich tatsächlich ein Fünfsternehotel empfangen – das hatte ich mir für eine Nacht gegönnt. Mit meinen gut drei Stunden Verspätung war es nur verdammt ärgerlich, dass ich jetzt kaum dort sein kann.

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11.03.2020: Mostar

Gestern in Mostar bei Dunkelheit angekommen, freute ich mich heute auf einen ganzen Tag vor Ort, denn die Altstadt gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Da sich allerdings ein wenig Hochnebel hielt und es noch nicht so richtig sonnig werden wollte, beschloss ich, zunächst mit dem lokalen Bus ins nahegelegenen Blagaj zu einem Derwischkloster aus dem späten 15. Jahrhundert zu fahren. Die Fahrt gemeinsam mit vielen Einheimischen führte durch kleine Örtchen, ein Industriegebiet und leider auch vorbei an jeder Menge Müll, sowohl als Müllberge neben nicht geleerten Containern als auch in Form von zerfetzten Plastiktüten und -flaschen überall am Wegesrand und in den Büschen.

In Blagaj angekommen, kam mir auf dem Weg zum Kloster eine türkische Touristengruppe entgegen, ansonsten war kaum etwas los – am Fußweg öffneten langsam die Sourvenirbudenbesitzer ihre Verschläge und schienen auf ein paar Tagestouristen zu hoffen. Das Kloster – ein einzelnes Haus mit einem vorgelagerten Restaurant – liegt direkt an einer Felsöffnung, aus der mit Macht der Fluss Buna hervorquellt – ein sehr malerisches Motiv.

Das malerische Derwischkloster in Blagaj

Jetzt während der Frühlingszeit war der Wasserspiegel des Buna deutlich sichtbar höher als im Sommer, denn die unteren Terrassen der anliegenden Restaurants befanden sich noch komplett unter Wasser. Durch die Massen an Schmelzwasser aus den Bergen rauschte es am Kloster gewaltig und als um 12:00 Uhr der amtierende Derwisch auf die Galerie stieg und zum Gebet rief, hörten ihn in dem Lärm außer mir und zwei, drei gelangweilten Kellnern vermutlich nur noch die Enten in der Nähe.

Zunächst hatte ich überlegt, den Rückweg zu Fuß zurückzulegen, aber da die Strecke wirklich nicht sonderlich schön und kein Platz für Fußgänger vorgesehen war und es auch keine alternativen Wanderwege gab, verwarf ich die Idee und nahm erneut den Bus. Nachmittags hatte ich dann noch jede Menge Zeit, um die malerische Altstadt Mostars inklusive ihres Wahrzeichens, der alten Brücke, zu besichtigen und zu fotografieren – auch, nachdem die Horden an Tagestouristen schon wieder abgefahren waren und die Gässchen schnell wieder wie ausgestorben wirkten.

Die „Alte Brücke“ in Mostar bei Abendstimmung

Mein Vorrat an Mark neigte sich langsam dem Ende entgegen, und da ich mit meiner VISA-Karte nur Beträge im Wert von mindestens 50 Euro im Ausland abheben kann, entschied ich mich, anschließend mit ein paar zusätzlichen Euros in der lauen Abenddämmerung zum Busbahnhof zu spazieren und die Lage zu peilen. Tatsächlich konnte ich mit Euro bezahlen, ich musste also nicht zusätzliches Geld aus Bosnien als Devisen mitnehmen oder es abends auf den Kopf hauen. Zwei Dinge sind dabei erwähnenswert: Erstens werden die Wechselkurse hier mit Augenmaß angewandt und nicht mit Taschenrechner, ich bekam also meinen Restbetrag irgendwie überschlagen in Mark zurück. Und zweitens wurden hier meine Fahrkahrten noch händisch ausgestellt, denn bereits gestern bekam ich in Sarajevo mein Zugticket auf einem Block per Kugelschreiber ausgefüllt, sogar inklusive Platzkarte – ohne die Nutzung irgend eines elektronischen Geräts! Die Frau hinter dem Schalter muss magische Fähigkeiten besessen haben, denn die Erstellung einer Sitzplatzreservierung ohne Datenbank grenzt für mich heutzutage an ein Wunder, zumal mehrere Schalter geöffnet waren. Mein Busticket für meine Fahrt morgen erhielt ich heute auf die gleiche Weise, allerdings ohne Magie, denn eine Platzkarte gab es nicht.

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10.03.2020: Sarajevo – Mostar

Für meinen zweiten Tag in Sarajevo hatte ich mir den Besuch des Stadtmuseums ausgesucht, das von der Zeit der Österreich-Ungarischen Herrschaft über Bosnien berichtet, also nach der Herrschaft des Osmanischen Reiches 1878 und vor dem Ausbruch des ersten Weltkriegs 1914.

Nachdem ich an der Kasse Eintritt gezahlt hatte, betrat ich den Hauptteil des Museums und war erstaunt, denn er bestand aus genau einem nicht sehr großen Raum. Dafür waren die Ausstellungsstücke wirklich sehr interessant, sie berichteten von den neuen Technologien, die mit der Herrschaft Österreich-Ungarns nach Bosnien kamen wie dem Buchdruck und dem Bau der Eisenbahn. In einem der letzten Schaukästen erblickte ich den Revolver, mit dem der österreichische Erzherzog Franz Ferdinand 1914 von einem serbischen Terroristen erschossen wurde und damit quasi den ersten Weltkrieg auslöste. Der Tatort befand sich direkt vor dem Museumsgebäude.

Schaurig und zum Greifen nahe: Damit wurde der erste Weltkrieg ausgelöst…

Als nächstes wollte ich zu den Ruinen der Gelben Festung hinaufwandern, von denen man einen weiteren schönen Blick auf das Stadtzentrum hatte. Es traf sich gut, dass das Wetter langsam besser wurde, denn nach meinem Rückweg zur Altstadt überzeugte mich der Sonnenschein, auf dem Baščaršija in einem der vielen türkischen Cafés draußen zu verweilen.

Eines der touristischen Ziele in Sarajevo: Der Baščaršija mit dem Sebilj, einem ehemaligen Brunnen aus der osmanischen Zeit

Die Zeit bis zu meiner Abreise vertrieb ich mir mit einem weiteren Bummel durch die Einkaufsstraße, dem Besuch einer modernen Shopping-Mall und mit Schlendern entlang des Miljacka-Flusses zurück zum Hotel. Um leider erst 16:50 Uhr begann dann schon meine letzte Zugfahrt auf dieser Reise mit einem Talgo-Zug, der mich aus dem Dinar-Gebirge nach Mostar brachte mit schönen Blicken auf Täler und schneebedeckte Gipfel und einer spektakulären Wegschleife nahe des Örtchens Ovčari. Die 12 Mark für die Fahrkarte haben sich schon dafür gelohnt, obwohl  der Zug dieses Mal nicht so viel leisten musste: Während eines Großteils der Fahrt aus dem Gebirge musste er eigentlich nur bremsen.

In Mostar leider schon bei Dunkelheit angekommen, spürte ich die mildere Luft und freute mich nun endlich auf einen Saunabesuch, auf den ich in den letzten zwei Tagen verzichten musste. Tatsächlich: Er war im Preis mit inbegriffen, die Sauna funktionierte und war bereits in Betrieb. Nur schaffte sie es gerade mal auf lahme 50 °C. Um so richtig ins Schwitzen zu kommen, versuchte ich einen großzügigen Aufguss, aber der führte hauptsächlich zum Beschlagen der Glasscheiben. Nun ja, weitere Unterkünfte folgen.

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09.03.2020: Sarajevo

Nun endlich angekommen und vom vielen Sitzen in Bus und Bahn in den letzten zwei Tagen schon ein wenig eingerostet, entschloss ich mich heute morgen für einen Aufstieg auf den Hausberg Vidikovac, denn Sarajevo liegt im Dinarischen Gebirge. Ich erinnerte mich auf meinem Fußmarsch an ähnliche Begebenheiten vor zwei Jahren in Skopje und Sofia – auch dort lag der von mir erwandert werden wollende Hausberg jeweils im Süden der Stadt. Vielleicht lag die ähnliche Atmosphäre aber auch am ähnlichen Wetter mit ein wenig Sonne und, weiter oben, ein paar Schneeresten.

Nach einem teils steilen Aufstieg kurz vor der Bergstation der Seilbahn, die entgegen meiner Erwartungen sogar in Betrieb war, traf ich auf die Ruinen der Bobbahn der Olympischen Winterspiele 1984, die sich durch den waldigen Berghang schlängelt und auf der man mittlerweile entlang spazieren und die Graffitibemalungen bewundern kann.

Bobbahn anlässlich der Olympischen Winterspiele 1984 in Sarajevo – jetzt ohne Bobs, aber mit Kunst

Von oben hatte ich einen schönen aber auch ein wenig trüben Ausblick auf die langgezogene Stadt im Tal. Der Schnee, auf den ich oben traf, war in diesem Winter tatsächlich der einzige, den ich erleben konnte, mal abgesehen von dem in der Skihalle Wittenburg ein paar Wochen zuvor. Entgegen meiner Erwartung gab es an der Bergstation der Seilbahn kein gemütliches Café, sondern nur einen Snack-Tresen zwischen den Toiletten und dem Einstiegsbereich der Gondeln, so dass ich mich nach einer kurzen Pause wieder zu Fuß bergab auf den Rückweg machte und bald auf kleine Sträßchen am Berghang gelangte, die von einfach gebauten Häusern gesäumt wurden, oft ohne Putz, aber mit rauchenden Kaminen, Holzstapeln an den Wänden und unter anderem bewohnt von jeder Menge Katzen, die mich teils ein Stückchen begleiteten.

Was mich ebenfalls an Skopje und Sofia einnerte, waren die gleichberechtigt existierenden Moscheen und Kirchen. Um kurz vor 12:00 Uhr, eine halbe Stunde nach meinem Start vom Hotel, ertönten Kirchenglocken und Muezzine gleichzeitig! Da ich während meiner Schulzeit noch nicht sonderlich an Geschichte interessiert war, las ich erst gestern während meiner Busfahrt ein paar Dinge über die Vergangenheit Jugoslawiens. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Bosnien/Herzegowina, Serbien, Montenegro und Albanien noch gut 200 Jahre länger Teil des Osmanischen Reichs waren als beispielsweise Kroatien und Ungarn… das ist nicht wenig, wenn man an die Zeitspanne vom Ende des Mittelalters bis heute denkt, und erklärt einige noch heute existierenden Unterschiede zwischen den heutigen Balkanländern. Kurz vor dem Ende meines Abstiegs zurück in das Stadtzentrum konnte ich bei einem Ausblickspunkt tatsächlich 23 Minarette auf ein Mal sehen. Ich glaube, soviel zählte ich noch nicht einmal von unserem Hotel damals 2015 am Goldenen Horn in Istanbul.

Wieder unten angekommen, spazierte ich entlang des Miljacka-Flusses und anschließend durch die Haupteinkaufsstraße Ferhadija mit Filialen von Swarowski, Benetton, Orsay und anderen bekannten Marken. Sie endete dann abrupt und führte unter dem Namen Sarači weiter durch die osmanisch geprägte historische Altstadt. Schon spannend, wie zwei Kulturen im Stadtbild so räumlich aufeinander treffen. Ebenso angetan war ich davon, dass im Café Divan, in das ich für einen Bosnischen Kaffee einkehrte, viele junge Menschen aus offensichtlich unterschiedlichen Kulturen so vollkommen durchmischt waren. Wäre schön, wenn das doch überall so klappen würde.

Hier gibt es keinen Türkischen, Griechischen, Mazedonischen oder Zypriotischen Kaffee: Nein, stattdessen gibt es Bosnischen Kaffee. Unterschiede sind mir nicht bekannt.

Wieder im Hotel angekommen, erfuhr ich, dass die Benutzung der Sauna über 20 Euro extra kostet, und ich beschloss, auf sie zu verzichten, sondern stattdessen „nur“ den Pool zu besuchen. Der war eher sportlich temperiert und um sich richtig warm zu schwimmen, war er zu kurz. Ich nutze die Gelegenheit trotzdem, drehte ein paar Ründchen und kehrte später anschließend in ca. 500 m Entfernung vom Hotel in das zur städtischen Brauerei gehörende Restaurant zum Abendessen ein.

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